Replik | 05 – Pragmatische Lösungen

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Dieser Teil ist keine Anleitung für DJs. So was würde für sich allein ein dickes Buch umfassen und trotzdem ein Stück weit Theorie bleiben, weil DJen im TA mit Musik der EdO auch ein Stück weit learning by doing ist und der damit verbundene Lernprozess für Laien Jahre in Anspruch nimmt. Was nun folgen wird, sind praktische Tips für DJs, aber auch Veranstalter, für Macher mit Anspruch an das, was sie Tänzern bieten. Welche meiner Tips relevant sind, muss jeder für sich selbst entscheiden, obwohl eine ganze Reihe dieser Tips allgemeingültig sind. Es geht in diesem Teil darum, konkrete Impulse, konstruktive Wege aus jener Sackgasse aufzuzeigen, in die der Autor beider Threads DJs lockt, indem skizziert wird, wie man sich als DJ ein so breites wie tiefes Fundament an Wissen und Können aneignet, auf dem aufbauend man als DJs nachhaltig wachsen kann. 


Die richtige chronologische Reihenfolge der Threads dieser Replik vom März 2016:

01 – Vorbemerkungen | 02 – Das Grosseganze | 03 – Sackgasse Equalizer | 04 – Sackgasse Kompressor | 05 – Pragmatische Lösungen | 06 – Meine Legitimation | 07 – Kritische Würdigung | 08 – Schlussfolgerungen | 09 – Nachtrag: Pugliese | 10 – Nachtrag: Links | 11 – Nachtrag: Kritik


Erkenntnisse aus der Restaurations-Praxis

Im Rahmen meiner Tätigkeit für TangoTunes – dazu wie gesagt später mehr – haben wir im Team sehr schnell entdeckt, dass zu viel Manipulation zu schlechten Restaurationen führt. Eben noch war das klangliche Resultat einer Manipulation vertretbar. Aber mit nur sehr wenig mehr derselben Manipulation kippte das Resultat plötzlich und die Restauration wurde zum Fall für die Tonne, die nicht mehr repariert werden konnte, ohne einen ganzen Prozessschritt zurückzugehen und damit häufig zurück zum eigentlichen Transfer.

Im Rahmen dieser Tests mussten wir überrascht erkennen, dass nicht nur minderwertige Restaurationen ab Schellack sich grundsätzlich nicht mit verlustbehafteten Formaten vertragen. Das ist eine Eigenart von Restaurationen ab Schellack. Die zwangsläufig bereits vorhandenen analogen Fehler der bereits abgenutzten Schellackpressung plus die digitalen Artefakte der Restauration – jede Restauration ist ein sehr pragmatischer Kompromiss aus über einem Dutzend Parametern –  kumulieren mit den hörbaren Schwächen verlustbehafteter Kodizes, weil bei der Entwicklung dieser Kodizes diese spezielle Einsatzform natürlich nicht im Pflichtenheft stand und nie getestet wurde.

Daher sind sämtliche verlustbehafteten Kodizes für TA der EdO eine krasse Fehlbesetzung. Diese seltene Einsatzart zu berücksichtigen würde die Komplexität der Kodex-Entwicklung bezogen auf das Volumen des Gesamtmarkts unverhältnismässig aufblähen. Und lösen liesse sich das Problem kaum, ohne den Kompressionsfaktor deutlich zu reduzieren. Deswegen wurde diese Sonderanwendung auch bei MP4, dem Nachfolgeformat von MP3, weder vom Entwickler Fraunhofer-Gesellschaft, noch von Entwicklern anderer verlustbehafteter Formate je berücksichtigt. Was die einzig richtige Entscheidung war und ist. Zudem zeigt jedes MP3, jedes MP4, welches wiedergegeben über Kopfhörer oder in einen Wohnraum noch halbwegs ordentlich klingt, seine Defizite in einem Tanzsaal auf Grund des vielfachen Raumvolumens sehr viel deutlicher, weil Töne sich in einem Saal ganz anders entfalten als in einem Raum. Sie atmen auf.

Die Gründe hinter dem Konflikt zwischen Restaurationen und verlustbehafteten Formaten konnten wir im Team erst mit der Zeit identifizieren. Schellacks bringen zwangsläufig zu viele Fehler ins fertige Resultat ein – sogar wenn eine Schellack nie gespielt worden ist. Unter anderem, weil diesem Materialmix schleifende Komponenten beigemischt wurden, um den Stahlnadeln von Grammophonen beim Abspielen einen optimalen Schliff zu verpassen. Damit fallen bereits bei der technischen Entzerrung im Vergleich zur theoretisch korrekten Situation unzählige kleine Fehler an. Die dabei entstehenden Artefakte werden bei jedem weiteren Prozessschritt verstärkt – ganz besonders in der digitalen Domäne. Und digitale Artefakte lassen sich, einmal vorhanden, dummerweise nie mehr beseitigen. Dagegen hilft auch es kein reverse engineering, weil Artefakte immer stochastisch angeordnet scheinen und damit nicht mehr identifizierbar sind.

Daher MÜSSEN Defizite aus dem Zusammenspiel zwischen Restauration und verlustbehaftetem Format völlig vermieden werden. Aus diesem Grund bietet die Golden Ear Edition von TangoTunes keine Version in einem verlustbehafteten Format an. Zur Wahl stehen hochauflösende Files und das Red-Book-CD-Format. DJs die sich einbilden, sie könnten diese Daten selbst in ein verlustbehaftetes Format konvertieren, ohne die Klangqualität zu verschlechtern, haben keine geschulten Ohren und/oder unbrauchbare Technik, welche diese Unterschiede unterschlägt.

Sind Restaurationen gut gemacht, spielen dagegen psychoakustische Phänomene hinein. Das ist ein ganz anderes Thema. Je besser die verwendete Wiedergabetechnik ist, desto stärker drängen sich verbliebene Defizite in den Vordergrund, weil gewohnte Defizite kaum mehr vorhanden sind, mit denen eines unserer Gewohnheitstiere, das Gehör, bestens vertraut wäre. Was uns ganz unvermittelt irritiert, womöglich mehr als frühere, grössere Defizite,  sind neue und damit für viele erst mal fremde Aspekte – unabhängig davon ob so eine Veränderung eine Verbesserung darstellt. Wer sich solcher Mechanismen nicht bewusst ist und sie zu relativieren vermag, kann nach Jahren des Tanzens zu schlechten Restaurationen auf bessere Klangqualität im ersten Moment irritiert reagieren. Ich habe das in den vergangen Monaten mehrmals bei Tänzern beobachten können und auch mit ihnen darüber gesprochen. Einerseits um zu verstehen, was da schief läuft und andererseits um ihnen zu helfen dieser Sackgasse zu entfliehen. Meist hat es gereicht, ihnen zu erklären was in ihrem Gehirn abläuft, um ihnen zu helfen ihren akustischen Fokus neu auszurichten. Die Irritation entsteht, weil das Gehör unerwartet Neuland betritt und vom unbekannten Detailreichtum bekannter Aufnahmen erst mal überfordert ist. Denn da ist tatsächlich sehr viel mehr was sich tanzen lässt. Plötzlich ist nicht mehr Trott angesagt, sondern Entdeckung. Weil mehr Möglichkeiten nach neuen Entscheidungen verlangen. Vielleicht taucht sogar für einige Minuten das Gefühl auf, dass etwas nicht stimmt mit diesen Restaurationen.

Es ist wie mit den Augen. Wer jahrelang trotz Kurzsichtigkeit ohne Brille durch das Leben gegangen ist, kann plötzlich mit einer Brille auf der Nase von der neuen Vielfalt und dem Detailreichtum der Eindrücke überfordert sein. Aber das gibt sich schon nach wenigen Stunden. Und dann ist die neue Vielfalt willkommen, weil sie eine Bereicherung darstellt. Die Welt fühlt sich an, wie wenn man aufgewacht wäre. Das gilt für gute Restaurationen genauso. Vorausgesetzt man ist neugierig auf die grenzenlose Welt der Töne und dem was das in uns auslösen kann.


Kleiner Hinweis: Die ersten zehn bis 15 Sekunden mancher gebrauchter Schellacks klingen deutlich schlechter, weil in diesen ersten Rillen die Stahlnadel die richtige Form erhielt, was diese Rillen irreversibel beschädigte. Nicht immer steht für eine Restauration eine Schellack zur Verfügung, die nie mit Stahlnadeln malträtiert wurde. Dasselbe gilt aus anderen Gründen – Spurwinkelfehler durch Radialtonarme kumulieren mit reduzierter Abtastgeschwindigkeit in inneren Rillen – auch für die letzten zehn bis 15, manchmal 20 Sekunden jeder Schellack.

Der zweite Punkt wirkt sich besonders negativ bei Aufnahmen aus, die in den letzten 20 bis 30 Sekunden als krönenden Abschluss ein besonders markantes, sogenanntes Bandoneon-Rennen aufweisen, also eine deutliche Steigerung von Intensität, Tempo und Lautstärke meist aller Instrumente, was eine Verdichtung des aus Tönen gewobenen Klangteppichs ergibt. Die dabei entstehende Auslenkung der Rille nahe am physisch realisierbaren Maximum beim Schneiden der Platte führt aufgrund einer anderen Geometrie des Tonabnehmers beim Abspielen in inneren Rillen zu deutlich mehr Verzerrungen. Und das ausgerechnet im ungünstigsten Moment für viele Tangos. Ausserdem ist die Abnützung einer Schellack dort am grössten, wo der Schneidestichel die grössten Auslenkungen geschnitten hat. Daher tauchen dort die grössten Verzerrungen auf. Hier kommt also alles zusammen, was von Nachteil ist. Das lässt sich auch bei umsichtig gemachten Restaurationen mit optimaler Technik nur zum Teil auffangen. Dieser Zielkonflikt lässt sich bei Restaurationen für die innersten Rillen höchstens zu einem Drittel lösen, falls kein radialer Tonarm zum Einsatz kommt. Dass die Aufnahmen der EdO heute trotzdem immer noch so begeistern, hängt auch damit zusammen, dass die Macher die damalige Aufnahmetechnik spätestens ab Mitte der 30er-Jahre in- und auswendig kannten und daher in der Lage waren, manche Schwäche der Aufnahmetechnik durch eine daran angepasste Spielweise teilweise zu kompensieren. Aber das hat Grenzen. Und die hören wir heute natürlich.

Wenn man Laien fragt, was sie bei Audiotechnik für besonders erstrebenswert halten, wird oft an erster Stelle die Abwesenheit von Störgeräuschen des Musikträgers, Grundrauschen der Elektronik genannt. Also wird seit Jahrzehnten in diese Richtung entwickelt. Und die Einführung CD hat diesen Trend nach 1980 nochmals befeuert. Auch falsch informierter Markt befiehlt. In Wirklichkeit ist das eine Sackgasse. Das ist nicht nur jedem Experten der Materie klar. Das entdeckt auch jeder Amateur mit Ohren. Wie bei Musikinstrumenten ist bei Elektronik und Lautsprechern alles gegenseitige Abhängigkeit. Jedes exzessive Optimieren eines einzelnen Parameters führt zu Defiziten bei anderen Parametern, die ebenso viel Beachtung verdienen. Häufig, aber nicht immer ist der Preis für die sich längst bestens verkaufende absolute Stille von Wiedergabetechnik im Leerlauf ein Minus an Detailreichtum und damit Klangfarbe, sobald die Musik spielt. Welcher Musikliebhaber würde so was wollen, sobald er entdeckt hat, was für einen Preis er dafür zu zahlen hat. Das heisst aber nicht, dass nur Verstärker gut klingen, die einen hörbaren Pegel an Grundrauschen hinzu fügen. Natürlich gibt es Verstärker, die beides annähernd gleich gut beherrschen. Es gibt jedoch Verstärker, die im Leerlauf keinen Muks von sich geben und Musik verfälscht wiedergeben.


Zielführendere Strategien

DJs, die keine Tonmeister sind und nicht über profunde Kenntnisse zum Thema Schellackrestauration verfügen – von diesen Tausendsassas gibt es weltweit nicht mal in jedem Land ein, zwei – sollten es sich dreimal überlegen, bevor sie damit beginnen, auf dem Markt verfügbare Restaurationen zu verschlimmbessern. Ich hoffe sehr, dass diese Erkenntnis auf Grund meiner Ausführungen zu technischen Fakten erstklassiger Restaurations-Praxis und der Tätigkeit eines ausgewiesenen Restaurations-Cracks für TA mit EdO schnell weite Verbreitung findet. Sie ist für solides DJ-Handwerk im Umgang mit den Aufnahmen der EdO unumgänglich. Mit dieser Form von Bescheidenheit, respektive Bodenhaftung, beginnt handwerklich unbedenkliches DJen betreffend Audiotechnik erst. Wer das als DJ nicht beherzigt, stempelt sich, ganz egal ob er das will oder nicht, für jeden Tänzer deutlich hörbar zum blutigen Laien.

Natürlich kann ein DJ mit einem guten parametrischen Equalizer die eine oder andere Schwäche einer Restauration wie zB aufgedickter Bass oder schrille Höhen etwas abschwächen. Was sich an einer Milonga positiv auswirken kann. Meist sollte ein DJ sich aber zuallererst ausschliesslich darauf konzentrieren, an vorhandener PA-Technik für die gegebene Raumakustik – den zwei eigentlichen Übeltätern an beinahe jeder Milonga – die bestmögliche Auf- und Einstellung zu finden, um danach vielleicht mit seinem Equalizer die verbliebenen Defizite der PA-Technik noch ein klein wenig zu glätten – wobei die Betonung auf vielleicht liegt. Damit ist schon viel erreicht, obwohl der Spielraum für den zweiten Schritt meist enttäuschend klein ausfällt. An eine Optimierung von Restaurationen ist kaum zu denken, weil wie schon erklärt bei EdO-Aufnahmen für sämtliche Instrumente und den Sänger lediglich eine einzige Tonspur vorhanden ist.

Ein DJ, der vor der Aufgabe steht, aus der klanglichen Situation eines Tanzschuppens das Beste zu machen, wird also, falls er schlau ist, als erstes die Schwächen der PA-Technik soweit wie möglich kompensieren, da sich die Raumakustik, die noch mehr negativen Einfluss nehmen kann, mit einem Equalizer nur in den seltensten Fällen mehr als minimal optimieren lässt. Abgesehen von der Raumakustik und schlechten DJ- und anderen Mischpulten sind die Lautsprecher in jeder Wiedergabekette jenes Element, welches die grössten Defizite in die Gerätekette einbringt. Hier sind die klangqualitativen Unterschiede besonders gross. Meist ist der klangqualitative Defizitbeitrag der Lautsprecher mindestens um den Faktor 10 grösser als der jedes anderen Geräts in der Kette.

Vermutlich stellt sich jetzt für viele DJs und Veranstalter die Frage was einen guten von einem schlechten Lautsprecher unterscheidet. Diese Frage zu beantworten, würde den Umfang eines Blogs endgültig sprengen. So ein Text wäre für die meisten Leser dieses Blog zudem eine fachtechnische Überforderung. Einen guten Lautsprecher zu entwickeln und in Serie zu bauen, ist mit viel Aufwand verbunden und die dafür notwendigen Teile sind teuer. Aber nicht so teuer wie uns das manche Hersteller weis machen wollen, die behaupten nur mit exorbitanten Preisen wäre es möglich gute Geräte herzustellen. Daher klingt ein womöglich 20 Jahre alter, aber erstklassiger Lautsprecher gebraucht gekauft immer besser, als ein drittklassiger Lautsprecher heute beim Händler brandneu gekauft. Das ist wie mit neuen Autos. Die verlieren einen Drittel ihres Wertes in der Sekunde in der man damit vom Hof des Händlers fährt. Und nach zwei Jahren sind sie noch halb so viel wert wie vor dem Kauf. Nur weil es seit Jahrzehnten klangqualitativ hervorragend klingende Audiotechnik gibt, können wir heute auf herausragende Tonkonserven aus jedem Jahrzehnt der vergangen 90 Jahre zurück greifen, Jahrhunderteinspielungen die auf Grund ihrer künstlerischen Bedeutung längst unersetzlich sind. Das gilt für jedes Musik-Genre und für die gran orquestas der EdO sowieso.


Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben sind weitreichend. Einerseits bedeutet das, dass die Güte der Lautsprecher von besonderer Bedeutung ist. DJs, die diese Tatsache ignorieren, zahlen dafür einen hohen Preis. Das bedeutet bei minderwertiger PA-Technik meist, dass ein DJ, der kein Laie ist, den Pegel an beiden Frequenzbandenden reduziert anstatt anhebt. Falls die bei Restaurationen von TA der EdO stets vorhandenen Verzerrungen im oberen Frequenzbandende dann immer noch sehr stören, lässt sich dagegen nur wenig tun. Er kann versuchen, die Höhen noch mehr zu reduzieren. Damit muss er unter Umständen bereits bei 2,5 bis 3,5kHz beginnen. Es versteht sich von selbst, dass so ein Frequenzgang meist dumpf klingt, weil damit zu viel Musikinformation entfernt wird. Also wird ein DJ, der Ohren hat am Ende fast immer darauf verzichten. Weil wie immer gilt: Changing anything affects everything.

Verglichen mit der Situation am unteren Frequenzbandende sind diese Einstellungen aber leicht zu wählen. Denn im Bassbereich ist in Tanzschuppen meist der Teufel los. Und das auch nur irgendwie halbwegs in den Griff zu bekommen ist eine Knacknuss für jeden Amateur. Laien sind damit völlig überfordert, weil sie gar nicht identifizieren können, was da abgeht. Bei der Bewältigung dieser Aufgaben zeigt sich sofort und am deutlichsten, ob ein DJ seine Ohren geschult und regelmässig in guten Konzertsälen mit hervorragenden Musikern kalibriert hat. Falls er das unterlassen und womöglich das Klangideal von Pop im Hinterkopf hat, muss er an dieser Aufgabe scheitern. Denn am unteren Fequenzbandende kumulieren die Schwächen von Aufnahme und Restauration mit den Schwächen von PA-Technik und Raumakustik und schaukeln sich dabei gegenseitig hoch. Dabei entsteht ein Klangmulm, der das ganze Frequenzspektrum zumüllt. Nicht nur den Bass. Auf das Warum komme ich gleich.

Wer an Milongas, konfrontiert mit dieser alltäglichen Problematik, nicht aus dem Effeff abrufen kann, wie genau sechs Kontrabässe in einem Sinfonieorchester, ein Kontrabass in einem Kammerorchester, einer Jazz-Combo im Zusammenspiel mit den anderen Instrumenten klingen, respektive klingt, wird mit der Justierung tiefer Frequenzen in einem Tanzschuppen immer scheitern. Er kann aus zwei Gründen nicht erkennen, ob er dort Pegel hinzufügen oder wegnehmen muss. Weil er erstens nicht hört, bei welcher Einstellung ein Zumüllen des ganzen Frequenzspektrums beginnt, was meist dazu führt, dass er hinterher auch noch zuviel hohe Frequenzen definiert und damit die elementaren, das musikalische Geschehen tragenden Mitten absaufen lässt, was die klangliche Balance jedes gran orquestas zerstört. Weil er zweitens nicht hört, bei welcher Einstellung ein Kontrabass beginnt zu einem ganz anderen Instrumenten zu mutieren, weil das filigrane Streichen und Zupfen der Saiten auf Grund der Aufdickung des Klangs dieses Instruments kaschiert wird und dieses Holzstreichinstrument zum EdO-fremden Metallblasinstrument mutiert. Dass es in gran orquestas der EdO nie Kontrabasstubas gab, hat gute Gründe. Es ist bei der Wiedergabe dieser Konserven in Tanzschuppen von grosser Bedeutung.


Eins der fünf wichtigsten Dokumente dieser Replik:

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Viele Laien unter den DJs – und das sind nun mal weit mehr als zwei Drittel, was viele selbsternannte Profis unter den DJs einschliesst – die glauben sie wüssten wie man für angemessene Basswiedergabe an einer Milonga sorgt, indem sie am DJ-Mischpult, meist ein ganz übler Klangabstreifer, kurz und heftig am Bassregler fummeln, werden mit diesem Artikel hoffentlich für alle Zeiten eines Besseren belehrt. Dass die meisten Leser ohne Tonmeisterstudium einige Stunden benötigen werden, bis bei diesem PDF aus Lesen vielleicht theoretisches Verstehen wird, ist der Komplexität der Materie geschuldet. Dafür gibt es keine Abkürzung. Das praktisch umzusetzen ist nochmals ein ganz anderes Paar Schuhe. Das dauert viele Monate, bedingt Engagement, Geduld und Investitionen.

Wenn ich beobachte, wie sehr viele DJs mit dieser Herausforderung umgehen, muss ich davon ausgehen, dass sie weder überblicken noch durchschauen, was da warum wie abgeht, geschweige denn, wie man das in den Griff bekommt. Dieses Chaos lässt sich mit einem Equalizer nicht beheben, allenfalls um 10, bestenfalls 20% abschwächen. Die Ursachen dahinter werden im PDF oben erklärt. Ein DJ, der diese Zusammenhänge nicht durchschaut und weiss wie er sie wenigstens ansatzweise in den Griff bekommt, muss klangqualitativ in sieben von zehn Räumen grandios scheitern. Und in den restlichen drei Räumen wird er scheitern, falls seine Ohren falsch kalibriert sind, weil er nicht weiss, wie akustische Instrumente tatsächlich klingen.

Das Zauberwort in diesem Zusammenhang heisst Durchhörbarkeit anstatt Bass-Terrorismus. Dieser Problemkomplex ist auch für gestandene Tonmeister kein Spaziergang. Akustische Instrumente strahlen nicht nur den jeweils gespielten Grundton plus in ihrem Pegel allmählich abnehmende Obertöne davon ab, plus das sich nicht verändernde Grundtimbre des Instruments, Instrumententyps. Im Rahmen des sowieso schon hyperchaotischen Verlaufs des Einschwingvorgangs eines jeden Tons, gespielt mit einem akustischen Instrument, der auf Grund der Komplexität seines Verlaufs die grösste Herausforderung überhaupt für Lautsprecher darstellt, werden für extrem kurze Zeit im Millisekundenbereich auch überraschend grosse Anteile tieffrequenter Schwingungen abgestrahlt, welche bis zur Grenze dessen hinunter reichen können, was unser Gehör wahrnehmen kann. Diese äusserst kurz auftretenden, auch tiefen Frequenzanteile sind massgeblich mit verantwortlich dafür, dass ein Instrument erkennbar und unverwechselbar ist.

Exakt in diesem elementaren Frequenzbereich hat das von den meisten Besserwissern als antiquiert und unterlegen eingeschätzte Direktschnitt-Aufnahmeverfahren auf Wachs für Schellacks markante Vorteile gegenüber der zwischen 1948 und 52 eingeführten Bandtechnik, der Laien ausschliesslich Vorteile nachsagen. Ausgerechnet diese für das Timbre und damit schnelle Erkennbarkeit und klangliche Schönheit jedes akustischen Instruments massgeblichen mitverantwortlichen Schwingungen leiden besonders unter dem Aufschaukeln sämtlicher Defizite am unteren Ende des Frequenzbereichs. Dabei liegt der Schwerpunkt der Defizite häufig in der Oktave zwischen 63 und 125Hz, mit dem, wie bereits erwähnt, die meisten Lautsprecher aus konstruktiven oder baulichen Gründen heillos überfordert sind – falls die Raumakustik dort nicht in einem noch grösseren Mass destruktiv tätig ist.

DJs, die in Unkenntnis dieser Zusammenhänge den Bassregler an einem schlechten Mischpult aufreissen, damit der Kontrabass besser zu hören ist und der Sound pop-artig fetzt, wie das auch der Autor der beiden Threads propagiert, beschädigen damit das Timbre sämtlicher Instrumente und des Sängers und schmeissen die Aufnahme aus ihrer natürlichen Balance. Es geht wieder mal um changing anything changes everything.

Wer um diese Zusammenhänge weiss und sie für seine Interessen nutzt, kann zudem deutlich leiser beschallen. Denn je grösser der Klangmulm im Bass ist, desto mehr ist man als DJ mit Laienwissen versucht, das zu kompensieren indem man zu laut beschallt. Denn im ersten Moment begeistert lauter DJs auf Laienniveau. Aber eben nur im ersten Moment. Dann ist dieser Effekt schon wieder verpufft und belastet die Ohren unnötig. Also ist man gezwungen dieses Spiel zu wiederholen. Lauter ist daher nie Konzept, immer Verlegenheitslösung. Lauter als Verlegenheitslösung kann nicht funktionieren, weil jedes nicht fachlich motivierte mehr an Lautstärke für weniger Klangfarbenreichtum sorgt. Lauter ist lediglich, was inkompetente DJs in ihrer Ratlosigkeit normalerweise als erstes vergeblich tun und dann kapitulieren, ohne diesen Schritt rückgängig zu machen, weil sie nicht mehr weiter wissen, oder glauben jetzt sei der Käs gegesssen.


Es würde diese Replik vollends sprengen aufzuzeigen, was man als DJ mit Musik der EdO gegen solche Defizite produzierende Zusammenhänge unternehmen kann. Denn dafür ist ein Equalizer das falsche Instrument, weil Raumnoden im Raum verteilt immer mit unterschiedlicher Intensität und verschiedensten Frequenzen auftreten. Dem hat ein Equalizer nichts entgegenzusetzen, weil er nicht lokal im Raum an verschiedensten Orten unterschiedliche bis gegensätzliche Eingriffe vornehmen kann. Dieses für DJs zentrale Thema würde einen eigenen, umfangreichen Artikel bedingen. Dafür gibt es Bücher. Aber ohne jede Menge praktische Erfahrung bringt das gar nichts. Eine wenigstens mittelmässige Raumakustik im Rohzustand eines jeden Raums ist für ordentlichen Klang unentbehrlich. Ist das nicht gegeben, hilft nur ein Raumwechsel, weil es sonst sehr teuer wird. Idealerweise lässt man einen akustisch ordentlichen Tanzschuppen mit baulichen Massnahmen wenigstens rudimentär optimieren. Für die dann noch verbliebenen Restdefizite sind in den letzten Jahren interessante neue Lösungen auf den Markt gekommen, die weitere bauliche Massnahmen teilweise kompensieren können. Das sind keine optimale Lösungen, sondern pragmatische mit einem guten Aufwand-/Ertragsverhältnis. Solche Lösungen sind natürlich für DJs interessant, die mit immer wieder anderen Räumen konfrontiert werden, von denen viele eigentlich untauglich sind für TA der EdO.

Leider sind tatsächlich gute Lösungen dafür alles Mögliche,  aber nicht plug and play und in der Hand von gear heads ein Garant für Verschlimmbesserung. Die praktische Einarbeitungszeit dafür beträgt für einen gewieften Amateur rund ein Jahr. Ich zB stecke nach sechs Monaten praktischer Anwendung noch mitten in diesem Lernprozess, obwohl die Resultate bereits erfreulich positiv ausfallen. Trotzdem bin ich mir meiner momentanen Defizite betreffend dieser Technologien bewusst. Ich habe immer noch viel zu lernen. Und DJs, die noch nicht alles, aber auch wirklich alles, was ich in dieser Replik anspreche seit längerem gekonnt umsetzen ohne ständig an ihrer technischen Ausstattung, ihrem tontechnischen Prozess schrauben zu müssen, würden mit solchen Werkzeugen bestenfalls groben Unfug anstellen. Solche Manipulationen kommen zwar nicht einem Geiger gleich, der entscheidet die Wandstärke seiner Stradivari oder Guarneri zu verändern. Aber weit weg davon ist das nicht, weil dabei noch mehr als bei allen anderen Aufgaben eines DJs changing anything affects everything gilt.


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Wer den Mut findet, sich tatsächlich mit dem zentralen Thema Raumakustik zu beschäftigen, findet in diesem Buch eine praktische Wegleitung. Das ist allerdings schwere Kost. Und Sinn macht erst, nachdem man unter anderem sämtliche Informationen von Burkowitz, auf die ich in dieser Replik verlinke, nicht nur gelesen sondern auch verstanden hat. Wer schlau ist, lässt sich für diese Vorbereitung einige Monate Zeit.

Klangideal für jede klangliche Optimierung durch den DJ kann nur ein sorgfältig austarierter Mix zwischen der Subtilität von Kammermusik der europäischen Klassik und dem Punch von Bigbands im Jazz sein – und damit MittenMittenMitten und nicht das Klanggewitter von Hardrock oder der Bass von Hiphop, oder Heulbojen wie Dieter Bohlen. Voraussetzung dafür ist gute eigene DJ-Technik. Und meist zahlt es sich, wie gesagt, klanglich aus, die mediokren Mischpulte in Tanzschuppen zu umgehen und vorhandene PA-Technik mit eigener Technik direkt anzusteuern. Im Minimum sind das Laptop, Interface, channel strip oder ähnliches, Wandler, plus Trenntrafos, Impedanzanpassung und Splitter bei Bedarf. 

Viel mehr wird ein DJ ohne lange Lehrzeit kaum zustande bringen. Unter anderem auch, weil es an den meisten Milongas am Arbeitsplatz des DJs völlig anders klingt als auf dem Tanzparkett. 2015 ist das eine Herausforderung, an der leider viele DJs immer noch scheitern. Um das zu kompensieren muss ein DJ nach einem sorgfältigen Soundcheck vor der Milonga trotzdem nach beinahe jeder Korrektur – auch der Lautstärke –  kurz auf die Tanzfläche treten, um zu hören, ob seine Korrektur für die Tänzer tatsächlich die erhoffte Verbesserung bringt – und das für jede Tanda von neuem. Dabei wird ein DJ mit trainiertem Gehör mit mittelmässiger Technik deutlich mehr Klangqualität bieten als ein DJ ohne trainiertes Gehör mit guter Technik. Match-entscheidend sind die Ohren, nicht die Technik.

Der unterschiedliche Zustand jeder für Restaurationen verwendeten Schellack in Verbindung mit den bei fast jeder Restauration unterschiedlichen Einstellungen zwecks möglichst nahe beieinander liegenden Resultaten führt dazu, dass die digitalen Audiodaten auf soft- oder hardware-Analyse-basierte Lautheitsvereinheitlichung überraschend heterogen und völlig anders reagieren als kontemporäre Aufnahmen, die nicht restauriert wurden. Aber bitte keinen Spitzenpegelabgleich vornehmen, das wäre sinnlos. Die unterschiedlichen Anteile von Musiksignal versus Plattengeräuschen plus Verzerrungen bei jeder einzelnen Schellack sorgen auch bei guten Restaurationen jedesmal für etwas unterschiedlich wahrgenommene Lautstärke.

Da hilft nicht mal ein Normalisieren analog zur relativ neuen EBU-Empfehlung R128, bei der auf -23LUFS zu normalisieren ist. Dieser Ansatz ist vergleichbar mit dem von Bob Katz propagierten K-Metering. Ein kalibrierter Monitor am DJ-Arbeitsplatz vor Ort kann mit TA der EdO nicht für identische Lautstärke auf dem Parkett sorgen, geschweige denn für den anzustrebenden, subjektiv identisch lauten Raumklang verschiedener Restaurationen. Weil die Raumakustik am DJ-Arbeitsplatz nicht dieselbe ist wie auf dem Tanzparkett, empfindet man verschiedene Restaurationen trotz Normalisieren als unterschiedlich laut. Unser Gehör ist in der Wahrnehmung solcher Unterschiede fast schon teuflisch präzis. Daher darf die Restaurationsqualität innerhalb einer Tanda nie stark variieren. Kommt hinzu, dass der Soundcheck zwangsläufig in einem leeren Raum stattfindet, der mit Tänzern halb gefüllt nochmals anders klingen wird als mit Tänzern ganz gefüllt. Zudem ist die PA-Technik vieler Tanzschuppen suboptimal installiert und/oder kann nur suboptimal angesteuert werden, weil bei der Konzeption Fehler gemacht oder am falschen Ort gespart wurde.

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Info und weiterführende Links zur EBU-Empfehlung R 128.

Auch daran erkennt man technisch versierte DJs: Sie gehen während der Milonga immer wieder im Raum umher, und hören sich an, was Sache ist. Nicht immer am selben Ort und nicht nur am Rand der Tanzfläche –  wenigstens zwei Schritte in die Tanzfläche hinein bis zur zweiten Spur, zB gleich zu Beginn einer Tanda, solange das noch möglich ist ohne die Tänzer zu stören.

Ein Veranstalter, der DJs auf der Bühne plaziert anstatt sie ausnahmslos am Rand der Tanzfläche in die lauteste(!) Ecke des Raumes zu verbannen, macht DJs unnötig das Leben schwer. Auf der Bühne hört man nie, wie es auf der Tanzfläche klingt und wann es zu laut wird – mit TA der EdO. Leider wird diese Banalität von Veranstaltern häufig ignoriert. Publizitätsgeile DJs finden es natürlich toller, auf der Bühne im Zentrum stehend den dicken Max heraus hängen zu lassen, anstatt ordentliches Handwerk abzuliefern.

Wem so ein Mass an Professionalität oder Amateurtum im besten Sinn zu anstrengend ist und lieber blutiger Laie bleibt, lässt Equalizer, Kompressor und andere mächtige Werkzeuge der Audiotechnik links liegen und konzentriert sich mit Hilfe eines während des Soundchecks justierten Phonmeters – bei Conrad für € 30 im Angebot – darauf, wenigstens bei der gemessenen Lautheit nicht heftig über die Stränge zu schlagen. Damit kann ein DJ nicht allzu viel verschlimmbessern. Obwohl das für einen TA-DJ schon ein arg minimalistischer Anspruch ist. Mit Anspruch an Qualität und Können hat das nichts mehr zu tun. Die Heterogenität der Restaurationen von TA der EdO – auch von gut gemachten – konfrontiert DJs leider mit Aufgaben, die mit Musik-Geres ab den 50er-Jahren aufgenommen nicht existieren. Dem muss man sich im TA mit Musik der EdO stellen und lernen, es zu bewältigen. Was aber keine Hexerei, sondern eine Frage der Sorgfalt ist. 


Konstruktiver Fokus
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Dieser Artikel erklärt unter anderem, warum der während DDR-Zeiten erbaute Saal 1 im Funkhaus Berlin an der Nalepastrasse eine sensationelle Akustik hat. Gute Akustik ist nicht Glückssache.
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Ein Vortrag – auf der verlinkten Website ganz nach unten scrollen zum Starten des Audioplayers. Ein Vollprofi mit Jahrzehnten profunder Erfahrung schüttet sein Publikum im Schnellzugtempo mit Wissen bis über beide Kiemen zu, weil er für das, was er tut brennt, aber kein Blender ist – unkonventionell, aber grossartig und Gold wert, falls man es versteht über die Schwächen hinweg zu schauen. Hier wird ein tiefer Einblick hinter die Kulissen des Konzertbetriebs mit Klassik geboten – mit dem von vielen TA-DJs sträflich vernachlässigten Schwerpunkt Raumakustik.
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Diese Präsentations-Folien vertiefen Gehörtes recht gut.
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Wenn Engländer über Audiotechnologie aus Deutschland berichten, muss die verflucht gut sein. Sonst wird das gerne ignoriert.

Zum Hubschrauberpiloten wird auch man nicht, indem man sich so eine Hummel kauft, einsteigt und losfliegt. Das ist aber, was manche DJs tun. Sie kaufen sich Audiotechnik und bilden sich ein, der euphorische Akt des Kaufens technischer Geräte würde sie zum Fachmann machen. Ich-bin-was-ich-besitze-Strategien scheitern beim DJen. Das Gegenteil ist der Fall. Gute Tontechnik in ratlosen Händen weisen einen DJ lediglich als blutigen Laien aus. Und das hören Tänzer, denn dem sind sie schutzlos ausgeliefert. Aber ohne gute Tontechnik kann kein TA-DJ alles aus TA der EdO heraus kitzeln.

Kein TA-DJ muss Akustik studieren, um die EdO-Aufnahmen in einem gegebenen Raum angemessen wiedergeben zu können. Aber er wird nicht darum herum kommen, sich ernsthaft mit dem Thema auseinander zu setzen. Will heissen als ersten Schritt die Links oben zu studieren, als zweiten Schritt ein praxisorientiertes Fachbuch über Akustik zu lesen und als dritten Schritt mit dem Wissen aus beidem anzufangen in der Praxis zu experimentieren. Das dauert natürlich, ist systemimmanent. Aber es ist spannend. Es bereichert die eigene Wahrnehmung mit der Zeit ungemein. Und es beschenkt Tänzer am Ende reich.

Ein allererster, pragmatischer Schritt könnte in etwa so aussehen: Sich für eine halbe Stunde Zugang zu einem Konzertsaal mit ausgezeichneter Akustik verschaffen. Dort memorisieren wie es klingt, wenn man laut klatscht oder recht laut bestimmte Wort (immer die selben drei vier natürlich) spricht –an mehreren Stellen im Raum hintereinander. Wenn man später genau diese Klänge aus dem Gedächtnis abzurufen vermag, ist man in der Lage Vergleiche mit jedem Tanzschuppen anzustellen und daraus Schlussfolgerungen abzuleiten. Dann hört man wenigstens rudimentär wie gut oder schlecht es um die Raumakustik eines Tanzschuppens bestellt ist. Es kann sein, dass man diese Kalibration des Gehörs im Konzertsaal mehrmals wiederholen muss, bis die Memorsierung jederzeit zuverlässig abrufbar ist. Meister fallen nicht vom Himmel. Beim Memorisieren und beim Vergleichen hilft es, Gehörtes mit Worten zu umschreiben. Allerdings sollte dieser Wortschatz deckungsgleich mit dem Mural unten sein, welches ich in Teil zwei bereits vorgestellt habe.

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Das Letowski-Mural ist eine gute sprachliche Ausgangsbasis.

Höchst wahrscheinlich, dass in den meisten Tanzschuppen anstelle der Durchhörbarkeit und Stimmigkeit, Ausgewogenheit und Natürlichkeit des Konzersaals etwas anderes, eindeutig Subobtimales erklingt. Das kann von dumpf bis schrill, hallig bis tot reichen. Nichts davon ist erfreulich. Aber bevor ein DJ zu erkennen vermag, welches die dominierenden akustischen Schwächen eines Raum sind, hat er keinerlei Chance, die Situation dank seines Knowhow mit Hilfe seiner Audiotechnik dezent zu optimieren. Ohne so ein Training führt so was meist zur berühmt-berüchtigten Verschlimmbesserung, die im TA so häufig statt findet. Hier ist Systematik gefragt, nicht Gefühl, Faselei oder der Glaube daran, dass man ein Wunderkind sein.


Gehörschulung: Ohne geschulte Ohren werden Manipulationen zwecks besserem Klang fast immer zur Verschlimmbesserung. Das gilt auch für manche Berufsmusiker, deren berufsbedingt zwangsläufig bestens trainierte Fähigkeit, sich die Wiedergabe schön zu hören, beim DJen ein gewaltiger Pferdefuss sein kann. Nicht nur beste Technik, auch umfassende Musikkenntnisse sind nutzlos, wenn man nicht hört, was man tut, oder wenn man, um ein besonders illustres Beispiel zu nennen, wie Karajan daheim Probepressungen mit für die Aufstellung im Raum völlig ungeeigneten Lautsprechern prüft und danach auf Korrekturen besteht, die in den meisten Räumen mit den meisten Anlagen Klangmulm garantieren, zumal Karajans Aufnahmen spätestens ab den 60er-Jahren sowieso schon an exzessiv praktizierter Polymikrophonierung kranken. Audio-Professionals sind sich dieser und anderer Mechanismen bewusst und vermeiden oder kompensieren sie soweit als möglich. Sie geben zB trotz geschulter Ohren Gegensteuer, indem sie besonders in der zweiten Hälfte eines Arbeitstags richtig klingende Manipulationen um mindestens 20% reduzieren, weil sie wissen, dass ihr Gehör über den Arbeitstag hinweg allmählich ermüdet, was zu immer grösseren Fehleinschätzungen führt. Das gilt auch für jede Vier- bis Sechsstunden-Milonga – ganz besonders betreffend Lautheit.

Abhöre und Raumakustik: Ohne gute Abhöre (Überraschung!) in der stillen Kammer daheim und einer wenigstens rudimentär korrigierten Raumakustik kann kein DJ einen guten Job abliefern, weil er noch nicht mal hört, welche Restauration einer Aufnahme in seiner Tangothek die klanglich Beste ist. Der von der Raumakustik häufig verursachte Bassmulm kaschiert viele Details der Musik. Das lässt sich mit Kopfhörern hörend weder erkennen noch lösen. Die geben die Proportionen zwischen Direktschall, Reflexionen und Laufgeräuschen der Schellack völlig anders wieder als Lautsprecher im Luftfeld eines realen Raums, freistehend aufgestellt oder in der Wand versenkt. Beste Tonmeister mögen in der Lage sein, die Schwächen einer Abhöre, eines Raums dank ihrer Erfahrung teils zu kompensieren oder on location mangels Regieraum mit Kopfhörern gute Resultate zu erzielen. Sie haben das gelernt und wissen was sie tun. Laien sind dazu nicht fähig. Und wenn dann endlich eine gute Abhöre (Überraschung!) in der stillen Kammer eines Laien-DJs Musik macht, dauert es mit einer Stunde EdO hören pro Tag, fünf mal pro Woche, bei vielen nochmals ein halbes Jahr oder mehr, bevor die Ohren sich auf dem höheren Niveau zuverlässig neu kalibriert haben. Damit wird ein DJ aber niemals zum Audio-Professional. Das ist ein ganz anderes Kaliber. Damit stellt ein DJ lediglich sicher, dass er seine amateurhaften Fähigkeiten mit den Jahren steigern kann, falls er am Ball und bescheiden bleibt. 

Digitale Domäne: Manipulationen im 16bit/44,1kHz-Format der Red Book CD machen und womöglich auch noch speichern, geht genauso wenig wie MP3 oder MP4 bearbeiten. Profis wissen, warum sie ausschliesslich im 24bit/48kHz-Format oder mit höheren Auflösungen arbeiten, mit verlustfreien Kodizes natürlich. Dilettanten unter den DJs erkennt man daran, dass sie sich über solche digitalen Formatfragen noch nie Gedanken gemacht haben oder behaupten, keinen Unterschied zu hören. Wobei Letzteres vermutlich wahr ist, aber kaum zu ihren Gunsten spricht.

Zwei Grundsätze: Es gibt bei Audiowiedergabe zwei Grundsätze, über die seit jeher heftig debattiert wird. Einerseits: In jeder Gerätekette entscheidet das schwächste Glied über die Klangqualität der ganzen Kette. Andererseits: In jeder Gerätekette entscheidet die Güte der Quelle über die Klangqualität der ganzen Kette. Beide Grundsätze zielen an der Realität vorbei. Das schwächste Glied in der Kette ist fast immer die Tonkonserve. Sie ist nicht beeinflussbar, falls eine Aufnahme auf dem Markt in besserer Qualität nicht zu finden ist. Auf die Schellackaufnahmen der EdO trifft das ganz besonders zu. Das zweitschwächste Glied in der Kette ist fast immer die Raumakustik – in Wohnräumen und Tanzschuppen sowieso. Diesen Aspekt zu verbessern ist teuer, weil dafür bauliche Massnahmen oder Ergänzungen nötig werden, die schnell mehr als die ganze Tontechnik kosten, in einem gemieteten Objekt mit jedem Umzug verloren gehen und der dann notwendige Rückbau zusätzliche Kosten verursacht. Das drittschwächste Glied in der Kette sind wie bereits erwähnt oft die Lautsprecher. Denn hier sind die Unterschiede grösser als bei jeder anderen Komponente für Tonkonserven.

Lautsprecher: Daher macht es Sinn, den Lautsprechern grosse Aufmerksamkeit zu widmen und einen beträchtlichen Teil des Budgets in diese Komponente zu investieren. Was man nie und nimmer tun soll, ist Audiogeräte mit den Augen kaufen. Das Aussehen hat weniger als nichts damit zu tun, wie ein Gerät klingt. Je mehr Geld in Optik und Haptik eines Geräts investiert wird, desto weniger Geld ist für guten Klang vorhanden. Wenn ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis gewünscht wird oder unabdingbar ist, darf das Aussehen nicht im Vordergrund stehen.

Blenderkram: Eine klanglich gute Audioanlage besteht kaum je aus Komponenten eines einzigen Herstellers, die optisch so toll zusammen passen wie das Porzellan-Service unserer Grossmütter, damit sich daheim damit ein postmoderner Hausaltar zusammenstellen lässt. Solche Audiotechnik ist oft Kinderkram. Wer auf diesen Ansatz hereinfällt, hat nicht mit den Ohren gekauft, sein Geld aus dem Fenster geworfen, viel Klangqualität verschenkt. Gute Audiotechnik kann potthässlich aussehen. Audiotechnik und Schöner Wohnen entstammen unterschiedlichen Planeten. Beides unter einen Hut zu bekommen, gelingt nur wenigen Firmen, ist meist ziemlich bis unverhältnismässig teuer und bleibt dennoch Ansichtssache. Denn wenn die Herstellung des Eindruck schindenden wollenden Gehäuses mehr kostet, als sämtliche Innereien, die für einen guten Klang sorgen sollen, sind die Prioritäten falsch gesetzt. Aber damit lässt sich viel Geld verdienen. Es gibt Hersteller, die sich seit Jahrzehnten darauf spezialisiert haben – B&O und Bose zB. Für damit wiedergegebene Musik hat das allerdings gravierende Folgen.

Wenn die technische Grundausstattung eines DJs gut ist und er diese beherrscht – das ist 2015 leider immer noch alles andere als selbstverständlich im TA – ist die meist nicht das schwächste Glied in der Kette. Das sind auch an Milongas beinahe immer die Tonkonserve selbst, die Raumakustik und Komponenten der PA-Installation, allem voran die Lautsprecher. Und danach ist das schwächste Glied in der Kette wie gesagt häufig das Mischpult. Daher macht es Sinn, dieses Mischpult, wo immer möglich ohne zu zaudern aus der Kette zu nehmen und Endstufen oder Lautsprecher mit eigener Technik direkt anzusteuern.

Was einen sorgfältigen Soundcheck voraussetzt, für den mindestens eine bis zwei Stunden zur Verfügung stehen. Bevor die technische Grundausstattung eines DJs so ein Vorgehen erlaubt und von bester Qualität ist, macht es keinen Sinn, Geld in Geräte oder Emulationen wie Equalizer oder Kompressor zu investieren. Und dann wird der Wunsch danach kaum grösser werden, falls ein DJ kein gear head ist.


Autotraining bezüglich des Rüpelfaktors

Wenn man an Milongas hinhört, was zu viele DJs nicht im Griff haben und was dort mehr als alles andere stört, fällt neben dem beliebten Übersteuern der Elektronik als erstes auf, dass häufig zu laut beschallt wird, unter anderem weil oft das falsche Klangideal Pate steht. Gravierend sind auch die von zu vielen DJs verursachten Probleme mit PA-Technik oder bezüglich Raumakustik. Ausserdem gibt es DJs, die mit einer Kombination daraus glänzen. Das ist gar nicht so selten.

Banales zu laut Beschallen kann man, wie gesagt, messen – über 84dB/A ist meist ein Problem und meist unnötig für Milongas. DJs, die das nicht hören, aber verstehen wo das Problem liegt, können ein Phonmeter einsetzen und ihr Ohr mit der Zeit entsprechend kalibrieren – falls sie nicht schwerhörig sind. DJs, die PA-Technik falsch handhaben, justieren neben dem beliebten Übersteuern oft die regelbaren Parameter an diesen Lautsprechern, dem Mischpult vor Ort oder ihrem Equalizer falsch – häufig sind das zu viel Bass und zu viel Höhen. Aber oft beginnt das Problem bereits damit, dass sie den häufig teilaktiven PA-Lautsprechern zu hohe Pegel abverlangen. Konserven von akustischen Instrumenten reagieren sehr empfindlich auf Ungenauigkeit und Verzerrung, und das bekommen viele PA-Lautsprecher mit Konserven akustischer Instrumente schon bei moderaten Pegeln wunderbar auf die Reihe. Besonders in Kombination mit eher schlecht als recht gemachten Restaurationen. Falls man solche Grenzen nicht respektiert, erhöht sich die Gefahr, dass so ein Setup mit der Raumakustik heftig kollidiert sobald es lauter wird.

Das grösste Problem an Milongas sind aber DJs, die nicht fähig sind, auf die Eigenheiten und Grenzen der Raumakustik Rücksicht zu nehmen. Wenn DJs die dafür notwendige Subtilität nicht von Haus auf mitbringen, kann sich das zu einer ziemlichen Knacknuss auswachsen. Hier spielt oft die Prägung auf ein Klangideal mit, welches für TA der EdO Gift ist. Stichworte: Pop, Rock, Reggae, Heavy Metal, Disco, Punk, Hiphop – es gibt deren viele. Das ist keine Verunglimpfung dieser Musik-Genres, sondern eine Frage angemessener Wahl ästhetischer Natur im Umgang mit TA der EdO. Solche oft eingefleischten Fehlentwicklungen zu korrigieren kann nur klappen, wenn ein DJ bereit ist an sich zu arbeiten. Das ist eine Frage der Kalibrierung des Gehörs. Gewohnheiten spielen hier mit hinein, aber manchmal auch Ignoranz.


Weil sich in der Praxis gezeigt hat, dass das für manche TA-DJs alles andere als einfach zu beheben ist, habe ich nach einer Trainingsmöglichkeit gesucht, welche hilft, solchen Defiziten selbst auf die Spur zu kommen und sie allmählich abzuarbeiten. Das von mir empfohlene Autotraining bedingt ein gewisses Mass an Ausdauer und Disziplin, Geduld und Feinfühligkeit. Plus die Fähigkeit, sein Tun kritisch zu hinterfragen oder realistisch genug zu sein, die Hilfe eines Mentors in Sachen Audiotechnik zu suchen. Und das dafür notwenige Setup ist keine Petitesse.

Ich musste für dieses Training eine recht spezielle Tonkonserve finden. Eine exzellente historische Aufnahme aus der Zeit der EdO aus einem anderen Genre mit akustischen Instrumenten und einer mit gran orquestas vergleichbaren Anzahl Musiker identifizieren, welche für die damalige Zeit eine besonders grosse Dynamik umfasst. Wenn man damit trainiert, verursacht diese besondere Aufnahme auch bei hohem Pegel keine Probleme. Denn es geht darum, zu verstehen wie es gut klingen kann, obwohl es laut ist. Da klingt nichts unnatürlich und störend – im Rahmen der durch die Aufnahme gegebenen Klangqualität. Diese Konserve ist laut, wo es laut sein soll, aber die Klangqualität leidet darunter nicht. Plattenlaufgeräusche lassen sich auf dieser Aufnahme nicht mehr filtern, ohne Musikinformation zu löschen. Wer das nicht wahrnehmen und verstehen kann, dessen Gehör ist falsch kalibriert.


Mein Autotraining kann nur funktionieren, wenn die Tontechnik des verwendeten Setups dieser Konserve gewachsen ist. Was gar nicht so einfach ist. Falls das gegeben ist, bleibt einzig die Raumakustik der stillen Kammer des DJs als Verursacher von Schwächen, die je nach durch den DJ eingestelltem Pegel noch mitspielt oder bereits kollabiert. Und genau damit wird trainiert, mit der Raumakustik der stillen Kammer des DJs. Die Raumakustik der Tonkonserve funkt dagegen nicht dazwischen. Deshalb habe ich diese Konserve gewählt.

In so einem Setting – diese Konserve, exzellente Tontechnik, gute Raumakustik – wird es DJs möglich, sich spielerisch an Grenzen heranzutasten, deren Überschreitung miesen Klang garantiert. Was diesen Lernprozess effizient macht, ist die Möglichkeit, die Grenzen eines natürlich klingenden Setups spielerisch zu überschreiten – zu provozieren, dass die Klangqualität aus dem Ruder läuft, ermöglicht es das Ohr zu kalibrieren, damit solche Ausreisser in Zukunft vermieden werden. Einmal erlernt, verliert man diese Fähigkeit nicht mehr, solange man nicht an Schwerhörigkeit erkrankt. Dieses Wissen ist für DJs elementar, weil man diese Grenze an Milonga niemals ungestraft überschreiten kann. Das ist keine Frage des Geschmacks, sondern eine der Natürlichkeit bei der Wiedergabe von Tonkonserven akustischer Instrumente und damit kein Trollfutter.


Auf der Tonkonserve des Auftritts der Big Band von Benny Goodman 1938 in der Carnegie Hall, die auch aus künstlerischer Sicht ein Überflieger ist, hört man ganz genau, wie laut die Formation von weniger als 20 Musikern unverstärkt damals live gespielt und wie das in der Carnegie Hall geklungen hat. Das macht diese Aufnahme ziemlich einzigartig.

Obwohl live im Jazz immer lauter als im TA gespielt wurde, vermittelt diese Aufnahme richtig eingesetzt, einem TA-DJ jede Menge Einsichten für sein Auflegen an Milongas. Nicht im Sinn von gleich laut – schon gar nicht an Milongas. Aber bezüglich Verständnis dafür, wieviel Lautheit die Akustik eines Raumes verkraften kann, ohne zu kollabieren. Der Umweg über diese spezielle Jazz-live-Konserve ist für das Autotraining nötig, weil es keine live-Aufnahme von TA während der EdO gibt, bei dem ein gran orquesta sich bezüglich Dynamik überhaupt nicht zurückgehalten hat – in einem Raum mit so toller Akustik.

Es geht darum, zu hören und damit zu verstehen, dass richtig laut richtig gut klingen kann, aber zu laut für die raumspezifische Akustik immer grottenschlecht klingt und deshalb ohne jede Ausnahme zu vermieden ist. Weil die meisten Tanzschuppen in dieser Beziehung alles andere als üppig punkten, ist das für TA-DJs besonders wichtig. Ich weiss, dass ich mich in diesem Unterkapitel öfter als sonst in dieser Replik wiederhole. Ich halte das wegen der anspruchsvollen Thematik, dem Trainingsbezug für angemessen und zielführend.


Die Früchte dieses Autotrainings ermöglichen es, einen zeitversetzten Vergleich vorzunehmen, was für ein geschultes Ohr zu bewältigen ist. Jeder TA-DJ, der etwas auf sich hält, muss sich diese Fähigkeit ein Stück weit aneignen. Sie ist Voraussetzung für jeden erfolgreichen Soundcheck. Ziel des Autotrainings ist es, später aus dem Gedächtnis abrufen zu können, wie es im meist über lange Zeit hinweg sorgfältig austarierten Setup mit guter Abhöre (Überraschung!) daheim in der stillen Kammer des DJs oder in Tonstudios klingt. Damit man diese Referenz an Milongas unter logischerweise meist suboptimalen Bedingungen abrufen kann, um sicherzustellen, dass die Raumakustik vor Ort an Milongas keinesfalls überfordert wird.

Will heissen, die Raumakustik darf der Schallausbreitung nicht im Weg stehen. Ich weiss, das klingt banal. Diese Forderung hat es aber in sich. Falls es diesbezüglich an der eigenen Milonga nach einem sorgfältigen Soundcheck schlechter bestellt ist, als daheim mit ausgezeichneter Technik in einem akustisch unproblematischen Raum, macht man als DJ an der eigenen Milonga jede Menge falsch und sollte sich damit anfreunden, nochmals einige Lernschlaufen Autotraining einzulegen – so lange, bis solche Defizite vor Ort nicht mehr provoziert werden.

Es geht nicht darum, dass es in Tanzschuppen gleich gut klingen soll wie daheim. Das wird meist Wunschtraum bleiben. Es geht darum zu erlernen, Tanzschuppen – und jeder dieser Räume reagiert auf Beschallung völlig anders – bezüglich der vorgefundenen, meist im Rahmen eines Soundchecks falls überhaupt nur rudimentär optimierbaren akustischen Rahmenbedingungen beim Beschallen während der Milonga NICHT zu überfordern – nicht mit zuviel Lautheit, nicht mit unnatürlich klingenden Equalizer-Einstellungen, nicht mit PA-Technik, welche falsch aufgestellt, schlecht justiert oder EdO-untauglich ist.

Die entscheidende Frage im Zusammenhang mit diesem Autotraining ist natürlich jene, was besser oder schlechter in diesem Zusammenhang bedeutet. Besser, schlechter sind erst mal nur Worte ohne belastbare Bedeutung in diesem Zusammenhang. Auf was muss ein TA-DJ beim Training mit diesem Konzert also sein Ohrenmerk richten?


Die Big Band spielte damals hinreissend. Das hat die Konserve des Konzerts verewigt. Das steht ausser Frage. Es ist heute noch jederzeit abrufbar. Und die Besetzungsliste liest sich wie ein who is who des Jazz. Das Konzert ist nicht einmal besonders gut aufgenommen, manchen Studioaufnahmen unterlegen. Das hört man sofort, wenn man sich zB den Applaus genau anhört. Applaus ist auf Grund der Komplexität dieses Signals so ziemlich das Schwierigste, was Tonmeistern unterkommen kann. Das spezielle an dieser Aufnahme ist, dass die Dynamik dieser live perfomance für die Aufnahme soweit technisch damals möglich konserviert wurde – aufgenommen in einem Raum mit sehr erfreulicher Akustik. Nur deshalb kann diese Konserve TA-DJs heute Antworten geben, welche von Studioaufnahmen aus dieser Zeit kaum zu erwarten sind. Die Formation spielt immer wieder mal tierisch laut. Das müssen wir beim Hören 1:1 berücksichtigen. Sonst bringt dieses Training nichts. Richtig eingepegelt schmerzen manche Fortissimo-Passagen das Ohr beinahe. Genau so, wie die Combo damals in der Carnegie Hall zu hören war.

Die Lautheit dieser Tonkonserve ist richtig eingestellt, wenn die lauteste Passage im Stück Sing sing sing einem beinahe die Ohren aus dem Kopf pustet. Das ist heftig. Aber es geht in diesem Training darum, etwas zu lernen. So was hat immer seinen Preis. In einem Mehrfamilienhaus steht mit so einem Pegel womöglich nach einer halben Minute der Nachbar vor der Tür. Man sollte sich also für dieses Autotraining mit seinen Nachbarn vorab absprechen. Oft arbeitet der, geht einkaufen, treibt Sport und manchmal fährt er in die Ferien.


Natürlich muss man dafür Tontechnik einsetzen, die den Wahnsinn dieses Konzerts mit links wiedergeben kann. Will heissen: Ohne jegliche mechanische oder elektrische Kompression durch die Wiedergabekette, was eine ziemliche Herausforderung für Tontechnik ist.

Ich kann jetzt schon hören, wie irritiert manche DJs auf diese Forderung reagieren werden, bevor sie ein Dutzend Ausreden dafür suchen, warum so was für sie keinen Sinn macht und nicht realisierbar ist. Als Schweizer kann ich darauf kaum antworten: Ein guter Deutscher findet immer eine Ausrede. Aber ich darf augenzwinkernd darüber grinsen. Faule Ausreden gibt es wie Sand am Meer – in jeder Situation und natürlich auch hier. Hinterher zählt dagegen nur eins: Hat man den Mut aufgebracht, sich darauf einzulassen und dabei interessante Entdeckungen gemacht, welche Türen öffnen oder hat man eine tolle Chance verstreichen lassen, weil man zu verkrampft, faul, borniert war, um sich zu bewegen – auch geistig.

Um der Musik der EdO im Zusammenhang mit Tanz einigermassen gerecht zu werden, bedarf es als DJ in vielerlei Hinsicht grossen Engagements. Ich verfüge wie die meisten DJs nicht über einen Raum, eigens dafür eingerichtet Musik zu hören oder zu tanzen. Ich habe jedoch einen Raum der Wohnung multifunktional eingerichtet.

Er dient je nach Bedürfnis als Ess-, Arbeits-, Gäste- und Musikzimmer und lässt sich für drei dieser vier Funktionen mit minimalem Aufwand herrichten. Für die vierte Funktion sind keine Anpassungen nötig. Das war nicht schwierig zu realisieren und beleidigt das Auge nicht. Der Esstisch kann zusammengeklappt an die erste Wand gestellt werden, wenn er nicht benötigt wird. Das Gästebett für zwei dient an die zweite Wand geschoben halbiert als daybed, wenn es nicht in Gebrauch ist. Die industriewaschmaschinengrossen Lautsprecher stehen auf Rädern und werden bei Nichtgebrauch an die dritte Wand geschoben, wo sie wenig Platz wegnehmen. Der Arbeitsbereich ist platzsparend an der vierten Wand angeordnet. Soll mir also kein DJ ohne oder mit erwachsenen Kindern die ausgezogen sind, der nicht in einer Einzimmerwohnung lebt , erzählen, so ein variables, multifunktionales Setup sei in seiner Wohnung nicht realisierbar. Dafür reicht ein mittelgrosses Zimmer.

Wer Musik nicht genug liebt, um so wenig Einschränkungen auf sich zu nehmen, hat sie mit dem DJen womöglich die falsche Freizeitbeschäftigung ausgesucht. Das entsprechende Technik ins Geld geht, versteht sich von selbst. Wer davon wenig für sein DJen einsetzten kann, schafft sich die notwendige, beste Tontechnik eben Stück für Stück an – gebraucht gekaufte, exzellente Geräte, die problemlos 20 Jahre und älter sein dürfen. Einzig der Wandler sollte nicht zu alt sein, obwohl… Aber dazu später mehr.

Solche Technik kann ihre Stärken natürlich nur in einem Raum ausspielen, der so eine Parforcetour akustisch wenigstens halbwegs verdaut, ohne Schluckauf im Sekundentakt zu bekommen. Wenn die Proportionen eines Raums nicht Garant für eine schlechte Raumakustik sind, bekommt man das mit etwas Planung plus passender Möblierung für wenig Geld halbwegs auf die Reihe. Der Appetit kommt bekanntlich beim Essen, sobald man entdeckt, wie viel sich so verbessern lässt.

Erst wenn diese Voraussetzungen betreffend Tontechnik und Raumakustik sichergestellt sind, wird hörbar, worum es in diesem Autotraining geht. Nur dann kann der Lernprozess beginnen. Es geht um die Frage, ob sich der Klang auf Grund der Raumakustik vor Ort bei einer vom DJ gewählten Lautheit oder Manipulationen des Signals zu sehr verschlechtert, sobald das Orchester überraschend leise oder tierisch laut spielt. Falls ja, geht es darum zu lernen zu erkennen, warum und wie das aus dem Ruder läuft, ob man dagegen was unternehmen kann und falls ja, was wie genau. Aber auch was für Grenzen solchen Verbesserungen gesetzt sind. Gefragt ist dabei ein spielerischer Umgang mit Tontechnik mit dem Mut und etwas Lust, Dinge auszuprobieren, auszuloten und trotzdem nicht mit extremen Korrekturen und deftigen Einstellungen zu hantieren, zu denen Laien mangels geschultem Gehör meist tendieren. Mit solchen Einstellungen schüttet man das Kind immer und überall mit dem Bad aus, wie auch der Blog-Autor das mit Equalizer und Kompressor propagiert. Falls in einem Tanzschuppen keine Optimierung möglich ist, heisst es dort nämlich ausnahms- und alternativlos, die Lautstärke ständig so weit zurück zu nehmen, dass die Raumakustik keine Probleme verursacht.


Einige der vielen Fragen, denen man sich im Autotraining deshalb stellt: Wird der Bassbereich zugemulmt und damit das ganze Frequenzspektrum? Geht die Durchhörbarkeit, die Transparenz verloren? Klingt der Hochtonbereich unangenehm, hart, agressiv? Sind die Mitten, das tragende Fundament akustischer Instrumente angemessen vertreten? Wie reagiert der Raum auf besonders leise und wie auf besonders laute Passsagen? Klingen die akustischen Instumente rundum natürlich, unmittelbar, live-haft? Hört man die akustischen Qualitäten des Aufnahmeraums von damals gut? Die waren nämlich bei Aufnahmen der beiden dominierenden Labels in BA sehr erfreulich. Und im Fall der Carnegie Hall noch viel mehr. Hat man den Eindruck, mit den Musikern im selben Raum zu sitzen? Hat das Hören die Dimension einer akustischen Zeitmaschine? Wer das nicht kennt, weil er es noch nie hören durfte, hat keine Ahnung davon, was so alte Tonkonserven klanglich zu bieten haben. Da gibt es ganz viel zu entdecken. Deshalb macht dieses Autotraining auch Spass, ganz egal wie viel Arbeit damit verbunden ist. Für viele DJs wird sie zu einer Reise in unbekannte akustische Gefilde.

Bevor ein DJ diese und andere Fragen zu beantworten vermag, muss er sich mit diesem Konzert vertraut machen und herausfinden, welche Stücke sich warum besonders für das Autotraining eignen und welche Passagen Schlüsselmomente bieten. Ich werde hier nicht verraten, welche das warum sind, weil ich sonst jeden, der dieses Training absolvieren will, um einen Teil seines persönlichen Lernprozesses bringe. Das ist keine Schnellbleiche. Nur so viel: Es geht um die Gegensätze Substanz versus Kontur im Musikgeschehen. Es geht um Transparenz. Es geht um Feindynamik. Es geht um Live-Haftigkeit. Und es geht mehr als alles andere um die phänomenale Raumakustik der Carnegie Hall, die es der big band erlaubt hat, in sämtlichen musikalischen Aspekten vollkommen ungestraft die Sau rauszulassen – von ganz leise bis tierisch laut, von sehr dumpf bis völlig schrill, ohne das die Raumakustik der Carnegie Hall dem je im Weg gestanden wäre oder es karikiert hätte. Sich dieser Wahrnehmung Stück für Stück anzunähern ist auch Teil des Lernprozess dieses Autotrainings im Sinn einer auditiven Horizonterweiterung. Was zeichnet gute Raumakustik aus? Wie kommt die mit so einer musikalischen Parforcetour zurecht? Aufmerksame DJs werden natürlich entdecken, wo die Balance in der Combo auf der Konserve dieses Konzerts nicht stimmt, weil das ein Live-Setup mit Mängeln ist. Auch dazu werde ich nichts verraten, um den individuellen Lernprozess nicht zu schmälern.

Nach Abschluss des Autotrainings gilt es, gewonnene Erkenntnisse für die eigene TA-DJ-Tätigkeit daraus abzuleiten. Was schenkt gute Raumakustik mir als TA-DJ an Möglichkeiten? Was nimmt schlechte Raumakustik mir als TA-DJ an Möglichkeiten? Wie bekomme ich diesen Wendepunkt an Milongas in den Griff? Weil das kein abrupter Übergang ist, gibt es dafür kein polarisierendes Schwarz/Weiss. In jedem einzelnen Tanzschuppen gilt es von neuem abzuwägen, was sicher geht, was sicher nicht geht und situativ bedingt vielleicht eben noch irgendwie geht, ohne die Raumakustik und damit die Stimmung der Tänzer am Abend kollabieren zu lassen. Wie verhindere ich, dass schlecht Raumakustik mich als TA-DJ klanglich total ausbremst und für alle hörbar zum Affen macht? Das ist ein langer, aber bereichernder Prozess – und schlussendlich irgendwie open end. Diesbezüglich hört man als TA-DJ nie auf, dazuzulernen.


Die beste Restauration unter den vielen Wiederveröffentlichungen dieses Events ist die 1999 herausgegebene Doppel-CD, für deren Restauration und Remastering Phil Schaap verantwortlich zeichnet. Also für dieses TA-DJ-Autotraining bitte genau diese Ausgabe gebraucht suchen, falls sie im regulären Handel vergriffen sein sollte. Wenn es um Reeditionen geht haben die grossen Label einen fatalen Hang zu Verschlimmbesserung. Daher kann ich nicht ausschliessen, dass eine spätere Neupressung klangliche Verschlechterungen beinhaltet, die nicht kommuniziert werden.

Wer über die dafür notwendige Technik in entsprechenden Räumlichkeiten daheim nicht verfügt, kauft sich die CD trotzdem, macht sich mit der Aufnahme daheim so gut wie es geht vertraut und macht sich detaillierte Notizen dazu, bevor er im besten Klassik- oder Jazz-Tonstudio im Umkreis von 120km für einen ersten Schritt ein, zwei Stunden Hörzeit für den eigentlichen TA-DJ-Selbsttest bucht. Wer bereit ist, dann im Studio aufzukreuzen, wenn es sowieso nicht gebucht ist, kann einen moderaten Mietpreis aushandeln, auch weil nur die Abhöre im Regieraum und ein CD-Spieler gebraucht werden. Aber eben: jede Pop-Klitsche ist dafür nutzlos. Natürlich reichen ein, zwei Stunden in einem Tonstudio nicht aus, um dieses Training erfolgreich zu absolvieren. Aber es ist ein Anfang, ein erster Schritt, der hoffentlich zum Schlüsselerlebnis bezüglich Klangqualität wird. Danach wird hoffentlich klar sein, warum kein DJ einen richtig guten Job abliefern kann, falls er daheim nicht über eine richtig gute Abhöre (Überraschung!) verfügt. Die dahinter steckenden Realitäten sollten nach so einem Erlebins in einem exzellenten Tonstudio für jeden TA-DJ durchschaubar sein und Antrieb genug sein, sich ein richtig gute Abhöre (Überraschung!) zu schenken. Das ist zehnmal mehr wert, als jeder Boutique-Kompressor, jeder Vintage-Equalizer für einen fünfstelligen Eurobetrag.

Bei so einem Studiobesuch wäre es von Vorteil, einen Mentor in Sachen Tontechnik dabei zu haben, der hilft zu relativieren, dass ein unbekannter Raum immer auch zu neuen Fragen und Unsicherheiten führt, die beantwortet sein wollen, bevor der Lernprozess beginnen kann. Sonst ist die gemietete Zeit vorüber, bevor man mit dem Raum vertraut genug ist.

Mir ist klar, dass dieses Autotraining keine kleine Sache, keine leichte Aufgabe ist. Aber erst mit so wenig Engagement, Faszination für das Thema beginnt Amateurtum im ursprünglichen Sinn dieses französischen Begriffs. Und das ist lediglich der Anfang einer langen Freundschaft, Liebschaft. Ein Amateur liebt meist, womit er sich beschäftigt. Zumindest ist er von einer Materie fasziniert, der er im Rahmen seines Amateurtums frönt. So was kostet immer viel Zeit. Weniger ist freundlich ausgedrückt Laientum, kann dem Thema DJen mit Musik der EdO für TA-Tänzer unmöglich gerecht werden. Weil das eine phänomenale Hochkultur war. Laien unter den TA-DJs werden daher ohne Anstrengungen wie das von mir empfohlenen Autotraining kaum zu musicalizadores tradicionales heranwachsen, die auch die technische Seite dieses Metiers zu ihrem eigenen und der Tänzer Vorteil nutzen.

Natürlich gibt es feinfühlige DJs, denen es gelingt, ohne so ein Autotraining die kapitalsten Böcke beim Auflegen an Milongas zu vermeiden. Es gibt nie nur einen Weg zur Erkenntnis. Aber das sind wieder mal die Ausnahmen, welche die Regel bestätigen – also einer von zehn, die diesen Status für sich beanspruchen. Aber auch diese echten Überflieger werden von so einem Autotraining profitieren, weil sie den technischen Teil ihres Job danach noch besser, noch entspannter, noch schneller bewältigen können und damit noch mehr Zeit und Konzentration für ihre eigentliche Aufgabe gewinnen: das Zusammenstellen einer hinreissenden Musik-Programmation.

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Die Kulturinstitution Carnegie Hall heute.
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Benny Goodman in der Carnegie Hall beim Proben. Er hat damals auf ausführliche Proben bestanden, damit seine Musiker sich mit der exzellenten Akustik dieses Raums anfreunden konnten. Sonst hätten sie diese damals nicht so gnadenlos ausschöpfen können.
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Der legendäre Live-Auftritt der Big Band in der Carnegie Hall 1938.
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Die allererste, sehr späte Veröffentlichung des Events, erst 1950 auf LP erschienen, hat eine lange Geschichte.
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Die beste Restauration des Konzerts auf Doppel-CD.

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Benny Goodman äusserte sich Jahre später in einem Interview: Das berühmte Konzert in der Carnegie Hall war ein ungeheures Erlebnis, weil es mehr war, als bloß ein Konzert. Es hatte besondere Bedeutung. Da gingen ein paar Musiker auf die Bühne und spielten Melodien von (George und Ira) Gershwin, (Irving) Berlin und (Jerome) Kern in Arrangements von Fletcher (Henderson) und Edgar Sampson, standen auf und spielten ihre Chorusse so, wie sie sie spielen wollten; jeder von ihnen war ganz er selbst und nichts sonst, und es gelang ihnen, die Aufmerksamkeit eines so riesigen Publikums zweieinhalb Stunden lang zu fesseln. 

Zu den technischen Rahmenbedingungen und der Plazierung der beiden Mikros: From the technical point of view, the 1938 Carnegie Hall Concert is typical of the remote airchecks of the time. Two microphones were used, one hanging over the stage for overall pickup, the second on stage and also used for the P.A. system. These two sources were probably mixed on the site, and the signal then sent to CBS studios (using the usual broadcast-remote transmission lines) where the transcription discs were cut. The setup differed from a radio remote in that there was no announcer, and therefore no separate announce microphone. Besides its historical and musical value, this recording teaches us about something else: the live acoustical balance of Benny Goodman’s band as compared to the balance heard on their studio recordings. The brass and drums really tend to dominate the mix. The relatively distant placement of the overhead microphone lets us hear this clearly and confirms the critical consensus about Goodman’s band: it really was louder and brassier than what had come before; a fact that caused Goodman problems with some hotel ballroom managements early in his career. Also evident is the wide dynamic range of the music, which often threatens to outrun the limits of the recording equipment. In the studio the engineers frequently placed the softer instruments much closer to the recording microphone, the result being an apparent reduction in dynamic range. But in this live concert the true capabilities of the classic big band were on display. It was (and is) a formidable ensemble capable of extremes of dynamics, which arrangers readily exploited. The recording methods of the 1930’s could only give an indication of what was there, and the tendency of studio big band recordings, even now, is to reduce the range between loud and soft.

Weil dieses Autotraining für die meisten DJs, die an einer Verbesserung ihrer Kompetenz interessiert sind, der vielleicht am schwierigsten umzusetzende Teil dieser Replik ist, fasse ich ausnahmsweise zusammen, was dabei wichtig ist und warum ich das Autotraining so und nicht anders aufgebaut habe:

Egal was ein DJ bezüglich Audiotechnik falsch macht – die Raumakustik vor Ort an Milongas ist jener Aspekt, der davon am häufigsten und am heftigsten beeinträchtigt wird. Was Tänzer auch dann deutlich wahrnehmen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Problem dingfest zu machen. Daher schenkt eine Schulung rund um den Problemkreis Raumakustik DJs die grösste Klangqualitätsverbesserung. Deswegen lohnt sich der damit verbundene, nicht geringe Aufwand immer. Dafür ist in der stillen Kammer des DJs daheim ein Lernprozess nötig. Dieser Prozess läuft nicht subito ab, lässt sich nicht an einem Nachmittag absolvieren. Falls die Audiotechnik der stillen Kammer nicht gut genug ist, muss der Lernprozess bis zu Ausmerzung dieses domizilbasierten Problems in ein Tonstudio ausgelagert werden, welches Aufnahmen der Klassik gewachsen ist, was Mietkosten verursacht.

Weil es beim von mir propagierten Autotraining um einen Lernprozess des Ohres handelt, ist dafür nicht nur gute Tontechnik nötig, sondern auch ein Raum mit einer nicht ausgezeichneten, aber mindestens guten Akustik. Ist das nicht gegeben, MUSS vorher für Abhilfe gesorgt werden. Eine dafür optimale Tonkonserve eines anderen Genres aus der Zeit der EdO habe ich identifiziert. Sie funktioniert wunderbar. Deren Besonderheiten: 1. Ausgezeichnete Musiker musizieren inspirierend. 2. Die fantastische Raumakustik von damals schenkt den Musikern kreative Freiheit. 3. Das hat ein besonders expressives Spiel der Musiker ermöglicht. Deswegen konnten die Musiker sich während dieses Konzerts hemmungslos austoben und immer wieder sehr laut spielen – aber genauso oft sehr leise. Das klingt trotzdem keine Sekunde schlecht, unnatürlich oder gequetscht. Leise wie laute Passagen rückt die Konzerthalle einfach ins rechte Licht. Damit wird erst hörbar, was diese Musiker für phänomenale Tausendsassas waren.

Weil technisch inkompetente DJs häufig die Raumakustik gnadenlos zur Sau machen, eignet sich die Konserve dieses besonderen Konzerts wunderbar für das, was diese TA-DJs zu lernen haben. Ihr Ohr muss daheim darauf kalibriert werden, wie toll es sehr laut klingen kann, damit sie vor Ort an Milongas hören, wenn es laut schlecht klingt. Dieser Prozess läuft über einen spielerischen Umgang mit Lautheit im Autotraining ab, unter anderem mit spielerischem Austesten der Konsequenzen durch übertriebene Lautheit. Anders trainiert dauert dieser Lernprozess sehr viel länger.

Hinterher ist DJs hoffentlich für alle Zeiten klar, dass sie die Lautheit in jedem Raum so weit zurück nehmen müssen, dass die Raumakustik nicht nur nicht kollabiert, sondern entspannt mitspielt. Das ist das ganze Kunststück. Aber einfach umzusetzen ist das für viele DJs 2015 noch nicht. Sie wissen nicht auf was sie zu hören haben, sind oft einem für EdO mörderischen Klangideal verpflichtet. Sonst würden nicht so viele DJs darüber immer und immer wieder stolpern. Wenn ein DJ diesen zentralen Aspekt einmal im Griff hat, wird er hinterher bei anderen, banaleren Lautheitsdefiziten meist ganz von allein damit beginnen subtiler agieren und Fehler zu vermeiden.


Hintergrundinformation zur Entwicklung der Aufnahmetechnologie
Seit Ende der 50er-Jahre wird aufnahmetechnisch anders vorgegangen als während der EdO. Auf dieser DVD zeigt ein Könner der keine Lust auf ein Rentnerdasein hat, wie man eine Big Band, in etwa gleich gross wie ein gran orquesta, seit den 50ern aufnimmt und warum weniger mehr ist. Die DVD kann auch als online download sofort bezogen werden.
Es ist kein Zufall, dass Tonmeister Schmitt auf der Brücke des Mischpults genau die selben Monitore von Tannoy verwendet, die ich für Argentangos Vorträge einsetze und wo möglich und gewünscht auch an Milongas einsetzte, an denen ich für die Musik verantwortlich zeichne. Gute Technik ist kein Erfolgsgarant, aber Erfolgsvoraussetzung.

Dreiteiliger Artikel: Unter anderem darüber, wie die Aufnahmetechnik sich in 80 Jahren verändert, aber nicht immer verbessert hat.

DJ-Technik damals

Beispiele für DJ-Technik-Sets von Anfang und Ende den 30er-Jahre, dank fixer Montage in Koffern uneingeschränkt reisefähige Lösungen, zeigt die Fotos unten. Trotzdem ist bis heute nicht klar, ob in BA vor Beginn der 50er-Jahre zur Musikprogrammation von DJs getanzt wurde. Die einen verweisen neben der Möglichkeit, in BA unsere Idole fast täglich live hören zu können, auf die Omnipräsenz vieler Radiostationen in BA. Die anderen sind überzeugt davon, dass es schon damals DJs im TA gab. Konkrete Beweise für die eine oder andere Ansicht sind bisher nicht aufgetaucht. Die Argumentation mit der verbürgten Victrolera kenne ich natürlich. Aber auch die Schlussfolgerungen daraus sind lediglich Vermutungen.

DJ-Set aus den frühen 30er-Jahren inklusive Überbledendmöglichkeit. Hier Plattenspieler mit elektrischem Tonabnehmer, bei dem nach jedem Abspielvorgang die Stahlnadel durch eine neue ersetzt werden musste. Dieser Tonabnehmer fand bis Ende der 20er-Jahre für Tonfilme in Kinos Verwendung, bis das Verfahren mit Schallplatten vom sehr viel einfacher zu handhabenden Lichttonverfahren abgelöst wurde.
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PA-Technik der 30er-Jahre für einen kleinen Saal, zB für ein Kaffeehaus.
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PA-Technik der 30er-Jahre für einen Saal mit Platz für vielleicht 500 Personen. Die genannte Hörerzahl von bis zu 3’500 Personen halte ich für eine Übertreibung von Marketing.

Was bisher überhaupt nicht berücksichtigt wurde in dieser Diskussion, sind die damals gültigen gesetzlichen Bestimmungen und der Einfluss der Berufsverbände. Die Musikergewerkschaften haben sich zwischen 1915 und 45 vehement gegen die Ausstrahlung von Tonkonserven im Radio und im öffentlichen Raum gewehrt, weil sie zu Recht fürchteten, dass ihre Arbeitsplätze dem zum Opfer fallen werden. In den USA zB hat der recording ban der Musikergewerkschaft in den 40er-Jahren beinahe zwei Jahre gedauert, was das Aufnehmen von Musikkonserven praktisch zum Erliegen gebracht hat. Musiker haben für ihre Interessen damals mit harten Bandagen gekämpft. Mit Sicherheit lässt sich heute nur sagen, dass bis Ende der 40er-Jahre DJs im TA, falls überhaupt aktiv, Ausnahmen waren.

Den Markt dominiert haben damals live spielende Musiker sowie Radiostationen, und von beiden gab es mehr als genug. Die Entrepreneure hinter den Radiostationen hatten im Gegensatz zu den Musikern in Argentinien politischen Einfluss. Das argentinische Pendant zur GEMA, SADAIC konnte nach beinahe 20 Jahren Kampf erst 1936 aus der Taufe gehoben werden. Bei diesem Kampf durch die Institutionen waren nicht nur die beiden Orchesterleiter Canaro und Lomuto federführend. Canaro, weil er seit 1920 enorme Breitenwirkung hatte, und Lomuto, weil er das Orchester des argentinischen Establishments war.


Sinnvolle DJ-Technik

Für die meisten DJs, die ihre technische Infrastruktur verbessern wollen, gibt es geeignetere Geräte, als die vom Autor vorgeschlagene Hardware von Behringer (unbrauchbar) und FRM (brauchbar). Vor allem macht es keinen Sinn, einzelne Komponenten zu kaufen bevor klar ist, wie die komplette Lösung später einmal im Detail zusammenspielen soll. Dieser Punkt ist in jeder Hinsicht match-entscheidend und wird trotzdem häufig vernachlässigt. Gefragt ist Planung anstatt Spontankauf, falls teure Fehlkäufe vermieden werden sollen. Je weniger Geld ein DJ sein eigen nennt, desto wichtiger wird dieser Punkt. Ihn zu vernachlässigen, kann am Ende Tausende von Euros kosten.

Eine gute Lösung, die auf dem Gebrauchtmarkt zudem seit Jahren in grosser Zahl zu vernünftigen Preisen finden ist, ist TCs Finalizer 96k (auf diese Version des Finalizers und auf die letzte Software-Version achten, die erst ab einer bestimmten Seriennummer als Firmware-Update aufgespielt werden kann), der die Funktionen eines channel strips mit ausgezeichneten Wandlern und mehr, aber ohne Mikrophonvorverstärkung mit Phantomspeisung in einem Gehäuse verbindet. Dieses Konzept ist inzwischen viele Jahre alt und war im mobilen professionellen Veranstaltungssektor jahrelang beinahe so was wie ein Quasistandard, weil das Gerät im 19″-Rack-Format einer Höheneinheit so was wie einen beinahe vollständigen Erste-Hilfe-Kasten in Sachen Audio bietet. Die klanglichen Resultate damit ergeben für die meisten DJs einen rundum überzeugenden Kompromiss zwischen finanziellem Aufwand und klanglichem Ertrag. Nichts an diesem Gerät ist spektakulär. Aber alles funktioniert bestens, ist sorgfältig durchdacht und lässt sich über ein einziges user interface bedienen, was besonders für Laien, die solche Geräte nicht jeden Tag bedienen von Vorteil ist – trotz der dafür notwendigen erheblichen Einarbeitungszeit. Denn das ist ein professionelles Gerät. Mit etwas Geduld findet man das Gerät für rund € 500 gebraucht. Bei seinem Erscheinen hat es neu über € 3’000 gekostet. Das ist also kein konstruktives Sparbrötchen zwecks Profitmaximierung.

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TC Electronic Finalizer 96k: Das Gerät findet man nicht nur gebraucht problemlos. Es wird immer noch produziert. Was schwer zu finden und für optimale Ergonomie wichtig ist, ist das nicht mehr lieferbare Zubehörteil Master Fader.
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TC Electronic Finalizer 96k: Das Schaltschema.

Mit einem Interface zum Laptop wie zB dem nicht mehr lieferbaren V-Link 192 von Musical Fidelity (gebraucht suchen), der Mutti vom Atelier der Tonkunst (nur neu zu finden) und dem Finalizer dazwischen verfügt ein DJ, abgesehen von einer Tasche voller Kabel, mit nur drei Geräten über alles, was er braucht, um neben seinem Laptop technisch für beinahe jede Situation gewappnet zu sein, die er an Milongas antreffen kann. Immer vorausgesetzt, er hat sich die Mühe gemacht, sich für den Gebrauch dieser professionellen Geräte mit den Jahren auch das notwendige Knowhow zu erarbeiten, was (Überraschung!) daheim eine gute Abhöre bedingt.

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Musical Fidelity V-Link 192 gebraucht: Klanglich ausgezeichnetes USB-Audio-Interface für wenig Geld.
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Das M.U.T.T.I vom Atelier der Tonkunst braucht keine Stromversorgung: ein analoger Werkzeugkasten im Toastbrotdoppeldeckerformat – Eingänge: 2x XLR-Klinke-Combo und 4x Cinch, analoges Summieren, auf Wunsch auf mono, Trenntrafos, Impeanztransformation, Ausgang: 2x XRL (für Cinch sind zusätzliche Adapter erforderlich) in makelloser Klangqualiät zu einem fairen Preis für die Ewigkeit gebaut.

Vermissen wird man an der Mutti gelegentlich lediglich die Splitterfunktion, für die es vom Atelier der Tonkunst aber auch Lösungen in derselben Grösse und Qualität gibt. Für diese Baureihe aus inzwischen elf kleinen Helfern sollte jeder DJ Michael Tauber in Darmstadt jeden Tag in Gedanken ein besonders prächtiges Kränzlein winden. Ausserdem bekommt man beim Atelier der Tonkunst auch Einzelanfertigungen. Für TA-DJs sind drei Funktionen des Mutti besonders wichtig: 1. Analoges Summieren auf Mono. 2. Trenntrafos. 3. Impedanztransformation. Zum letzten Punkt eine Stellungnahme vom Entwickler: Ausgangsstufen von Zuspielgeräten sind häufig nicht in der Lage, längere Kabelstrecken in angemessener Qualität anzutreiben. Die eingesetzte Schaltungstechnik liefert oft nicht genügend Energie hierfür. Ein scharfes, undeutliches Klangbild ist die Folge. Mit der Option Buffer kann MU.T.T.I. in einen Modus der Impedanz-Transformation versetzt werden. Die Ausgangsimpedanz sinkt damit um den Faktor 100, mit der Folge, dass selbst längste Kabelwege mit exzellenter Klanqualität bei minimalen Störungen überwunden werden können.

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Falls Grösse und Gewicht für einen DJ ein unlösbares Problem sein sollten, gibt es von RME mit dem Babyface Pro (nicht zu verwechseln mit dem Prosumer-Modell Babyface, welches ich NICHT empfehlen kann) erstmals ein extrem kompaktes, sehr robustes und gut klingendes Interface, dem ich auch eine lange Lebensdauer zutraue. Trotzdem kann dieses Interface die zusätzliche Anschaffung eines Mutti nicht ersetzen. Falls das Mutti tatsächlich zu gross sein sollte, gibt es von Lundahl sehr gute, recht teure, extrem kompakte Trenntrafos. Aber dann fehlen immer noch die Funktionen analoges Summieren und Impedanztransformation.

Das waren lediglich zwei Gerätekettenbeispiele, welches sich für TA der EdO längst vielfach bestens bewährten. Natürlich gibt es andere Geräte, die viele Funktionen dieser Kombination und womöglich noch mehr in einem oder mehreren Geräten vereinen. Zur Mutti gibt es in dieser klanglichen Qualität plus praxisorientierter Kombination von Funktionalität allerdings keine Alternative, nicht mal von Lundahl. Ich halte das unter DJs im TA inzwischen weit verbreitete Babyface von RME für keine überzeugende Lösung. Das Babyface Pro mag eine andere Einschätzung rechtfertigen. In beiden geschieht aber mehr als genug auf dem Bildschirm, weil darüber bereits der Software Player bedient wird. So was ist natürlich Ansichtssache. Und ich möchte nicht verschweigen, dass auch ich ein Gerät von RME als digitale Schaltzentrale und Interface einsetzte: Das inzwischen nicht mehr lieferbare Fireface 400. Zu RME später mehr.

Eine preislich erfreulich moderate Lösung mit gutem Preis/Leistungs-Verhältnis ist die Interface/Wandler-Kombination DacMagic Plus von Cambridge Audio. Als Consumer-Gerät bietet der Wandler lediglich DACs und keine ADCs, was für viele DJs und Musikliebhaber kein Problem ist. Ausserdem ist das Gerät einfach zu bedienen – ganz anders als ein Finalizer 96k oder ein Fireface UCX, ein Hilo oder ein Babyface Pro.

DJs, denen all diese Vorschläge definitiv zu teuer und damit unerreichbar sind, müssen deshalb nicht das Handtuch werfen. Kenner der Materie können immer preiswerte Alternativen benennen. Das gilt natürlich auch für das Thema gute Abhöre (Überraschung!) daheim. Von Cambridge Audio gibt das DAC DacMagix XS oder von FiiO das DAC Olympus 2-E10K. Eigentlich sind das DAC plus Kopfhörer-Verstärker für rund 100 Euro. Beide klingen aber immer besser als die Milonga mit dem Kopfhörerausgang des Laptops zu beschallen. Und beide sind winzig klein.

Wem das immer noch viel zu teuer ist, muss Geduld mitbringen und bereit sein ein grösseres Gerät herum zu schleppen. Dann sucht man zB von Cambridge Audio online europaweit nach den noch älteren DacMagic Modellen 2 oder 3. Diese Geräte haben einen Toslink-Eingang, passend für Laptops deren Kopfhörerausgang zusätzlich so einen digitaloptischen Ausgang bieten. Diese DACs sind besonders sorgfältig aufgebaut und bieten guten Klang. Gelegentlich findet man so was für weniger als 100 Euro, obwohl die inzwischen begehrt sind. Dann ist allerdings noch etwas Bastelei nötig, weil der Pegelregler fehlt. Wenn man das nicht selbst erledigen kann, ist man finanziell schnell zurück in der Region von 300 Euro, die in ein Dacmagic Plus investiert werden müssen, das Interface, Pegelregler und Wandler in einer kleinen Kiste vereint.

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DacMagic 2 oder 3 von Cambridge Audio sind zwar grosse aber preiswerte Alternativen für DJs, die bereit sind selbst Hand anzulegen.

Wer für sehr wenig Geld eine Interface/Wandler-Kombination aus der Prosumer-Ecke vorzieht, findet unter der Scarlet-Serie von Focusrite für wenig Geld gut klingende Geräte. Allerdings kommt in dieser Kategorie und Preisklasse oft die Langlebigkeit zu kurz. Solche Geräte werden in Fernost in Fabriken so billig wie irgend möglich hergestellt. Im Gegensatz dazu ist ein uraltes DacMagic 3, damals in Europa in einer Manufaktur hergestellt, für die Ewigkeit gebaut. So hat ein DacMagic 3 zB drei separate Transformatoren, die insgesamt über ein Dutzend individuelle angepasste und für analoge und digitale Sektionen strikt getrennte Stromquellen liefern. Ein Focusrite Scarlet muss dagegen mit einem einzigen, zwangsläufig billig gemachten Steckernetzteil zurecht kommen, welches kaum langlebig ist. Die elektrische Schaltung von Audiotechnik kann nie besser klingen, als die Sauberkeit der Stromversorgung das erlaubt.

Die Furcht, ältere Wandler-ICs wie sie zB in einem DacMagic 2 oder 3 zu finden sind, könnten klanglich nicht mit heutigen Wandlern mithalten, entbehrt so allgemein formuliert jeder Grundlage. Das kann von Fall zu Fall völlig unterschiedlich sein. Die Entwicklung in diesem Feld war in den letzten zehn Jahren hauptsächlich damit beschäftigt, auch hochauflösende Daten bestens verarbeiten zu können. Der Rest des Entwicklungsaufwands floss in Anstrengungen, den Produktionsaufwand und damit die Kosten zu senken. Manchmal auch um jeden Preis. Beide Ziele bringen nicht zwingend eine klanglichen Verbesserung. Gut möglich, dass deshalb manche modernere DACs etwas Klangqualität verschenken. Obwohl das häufig nicht der Wandler selbst verursacht, sondern die der eigentlichen Wandlung nachgelagerte erste analoge Stufe, bei der bezüglich Schaltung und Bauteilen dann meist zu wenig nachgedacht und zu viel gespart wurde. Es ist kein Zufall, dass in den letzten Jahren einige DAC- und ADC-Anbieter dazu übergegangen sind, zwei Sätze Wandler-ICs in ihre Geräte einzubauen. Einen für 16/44, der nur das beherrscht und aus Sicht Zukunftsgläubiger eher altmodisch konzipiert ist. Und einen der 24, 32 oder 64/192 und noch mehr beherrscht. Zudem wird dann meist auch für DSD-Kompatibilität gesorgt, obwohl dieses Digitalformat besonders umstritten ist.


Die folgenden vier Geräteempfehlungen sind eine Ausnahme. Im Gegensatz zu allen anderen Empfehlungen kenne ich diese Geräte (noch) nicht aus eigener Erfahrung. Mein Interesse ständig neue Geräte auszuprobieren ist klein, falls keine neu aufgetauchten Probleme zu lösen sind. Ich ziehe es vor, statt dessen möglichst viel Musik zu hören. Trotzdem möchte ich diese vier Geräte Lesern nicht vorenthalten. Vor einem Kauf sollten diese Geräte auf jeden Fall beim Händler ausgeliehen und daheim im eigenen Setup getestet werden. Händler, welche diese Möglichkeit nicht bieten würde ich bei einem Kauf nicht berücksichtigen. Das sind keine Geräteempfehlungen.

Beim Cord Mojo kann ich 2019 aktualisieren, dass ich diese besonders kleine Interface/Wandler-Kombination, die über einen internen Akku mit Strom versorgt wird, seit über einem Jahr gelegentlich an Milongas verwende. Der Klang ist erfreulich gut. Sicher, es gibt besser klingende Geräte. Aber die sind meist teurer und immer grösser und schwerer.

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Chord baut ausgezeichnete Geräte, die alles mögliche aber sicher nicht billig sind. Sie sind mit gutem Grund in einigen der besten Konzertsälen im Einsatz. Mit dem Mojo hat die Firma ein mobiles DAC auf den Markt gebracht, nicht billig aber überraschend preiswert für Chord, dass es vermutlich wert ist, es sich zum TA-DJen mal anzuhören. Das ist nicht, wozu das Gerät konzipiert ist. Aber viele Käufer verwenden das Mojo im Zusammenspiel mit stationären Geräten.
Mit dem Dragonfly Red hat Audioquest ein DAC im Format eines USB-Speicher-Sticks auf den Markt gebracht, erfreulich preiswert, welches diese Aufgabe immer und überall besser erledigt, als das DAC eines Laptops, Was fehlt, ist eine analoge Lautstärkeregelung. Dass das in guter Qualität in so einen Winzling zu integrieren schwierig ist, weil in der analogen Domäne realisiert die Gefahr von Pegelunterschieden zwischen den Kanälen bei solchen Winzlingen gross ist, musste M-Audio schon vor Jahren mit dem USB-Stick Digidesign MBox2Micro erfahren.

TA-DJs, die sich nicht die Mühe machen, den Netzstrom für ihre Technik vor Ort mittels altmodischem, grossen, schweren Trenntrafo vor der heute extremen Verunreinigung durch Einstreuungen zu bewahren, können (aber das muss nicht geschehen) mit klanglichen Problemen konfrontiert werden, die von einem deutlich hörbaren Brummen oder Zischen bis zu subtiler aber nachhaltiger klanglicher Beeinträchtigung reichen kann.

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Bezüglich Verunreinigung besonders heikel sind externe DACs über ihre Verbindung zum Laptop. Manchmal kann dabei das extrem kompakte, preiswerte Jitterbug von Audioquest zum Retter in der Not werden.
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Wer bei der Verbindung Laptop/DAC im Rahmen einer durch DAC und Laptop gegebenen Konstruktion stromtechnisch auf Nummer sicher gehen will, benützt für das DAC ein externes, Netzteil für saubere Stromversorgung, welches diese des DACs völlig vom Laptop trennt.

Ich bin kein grosser Freund der Myriaden von Accessoires, mit denen der Hifi- und High-End-Markt unwissenden Käufern das Geld aus der Tasche zieht. Aber wo konkrete Probleme auftauchen, kommt es vor, dass einzig das eine oder andere Accessoire einem TA-DJ den Abend zu retten vermag. Solche Lösungen in Reserve zu halten oder ständig einzusetzen, zahlt sich irgendwann aus. Vorsicht ist bei billigen Trenntrafos für Audiosignale geboten. Klanglich wirklich gute Trenntrafos für beide Kanäle eines Stereosignals, und das ist logischerweise essentiell, sind unter € 200 kaum zu finden und auf dem Gebrauchtmarkt günstig selten im Angebot.


Es ging mir in den letzten Abschnitten lediglich darum, an wenigen konkreten Beispielen aufzuzeigen, dass ein erfreulich guter Klang für TA-DJs auch mit sehr wenig Geld realisierbar ist. Gut klingende Musik gibt es nicht erst seit gestern. Also muss es seit den 30er-Jahren immer auch gut klingende Audiotechnik gegeben haben und in den letzten 50 Jahren sowieso. Um Audiogeräte zu beurteilen muss man lediglich genau hinhören. Was eine gute Abhöre (Überraschung!) und geschulte Ohren bedingt. Daher beisst sich die Katze in diesem Kreislauf ein Stück weit in den eigenen Schwanz. Wo das eine noch nicht vorhanden und geschult ist, kann das andere nicht beurteilt werden. Das andere ist für Anschaffung und Entwicklung des einen aber Voraussetzung.

Ausweg aus diesem Dilemma ist für DJs ein Mentor in Sachen Audiotechnik. Aber so einen audiotechnischen Mentor für TA der EdO muss man erst mal finden, denn gear heads und Pop-Jünger sind dafür die schlechtesten aller denkbaren Besetzungen. Hier hilft nur eins: Sich auf die Suche machen und riskieren, dass man womöglich abgewiesen wird und sich davon nicht entmutigen lassen. Ist dieses Problem einmal gelöst, wird es dank der Hilfe eine Mentors einfach: Geräte, die mit klassischer Musik gute Resultate liefern, sind für TA der EdO immer geeignet. DJs können natürlich meinen eine Woche dauernden TJ-Workshop buchen, um die eigene Entwicklung nachhaltig anzuschieben. Dieser Workshop ist nicht mit anderen Angeboten im Markt vergleichbar, die ähnliches versprechen. Aber das ist ein anderes Thema. Und sie ist lediglich Initialzündung für eine lange, anspruchsvolle, spannende Zeit des Lernens. Unter zwei Jahren läuft da gar nichts.

Viele Geräte, welche im Pop für bestimmte Aufgaben ausgezeichnete Dienste leisten, sorgen bei TA der EdO für wenig Freude, ganz besonders mit den bisher auf dem Markt hauptsächlich zu findenden, eher grenzwertigen Restaurationen, weil damit ein Teil der Fehler verstärkt wird: falsche technische Entzerrung, übertriebene Filterung mittels Equalizern und/oder Algorithmen, Kastration der musikinhärenten Proportionen mittels Kompression, kaschieren der natürlichen Hallfahne des Aufnahmeraums mit nachträglich draufgebügeltem Mickey-Mouse-Hall, Übersteuerung der digitalen Daten, womöglich in Verbindung mit einem verlustbehafteten Audio-Codec, welche zudem irgendwann von einem Stümper nochmals datenreduziert und/oder zu hoch ausgesteuert und hinterher nochmals bearbeitet wurden. So was klingt immer schrecklicher als schrecklich und lässt sich nicht mehr beheben. Es gehört in die Tonne und dazu gibt es keine Alternative. Auf diese Weise klangverunstaltete Konserven werden unter TA-DJs überraschend häufig weiter gereicht. Vielleicht weil man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaut.


Obwohl es möglich ist, mit wenig Geld ein brauchbar klingendes DAC zu kaufen, kann ich das eigentlich nicht empfehlen. Den allermeisten Käufer dieser Gerätekategorie – und ganz besonders jenen Träumern, die immer noch glauben, das die internen DACs und ADCs ihres Laptops ausreichend sind – ist nicht bewusst wie technologisch komplex und anspruchsvoll die Aufgabe ist, die diese Gerätekategorie zu bewältigen hat.

Das ist eine echte Knacknuss und die meisten Wandler die heute gebaut werden, scheitern daran eigentlich. Nur wenige Entwickler weltweit sind in der Lage, solche Geräte erfolgreich zu entwickeln. Wenn der Rotstift dabei das Szepter inne hat, muss das immer scheitern. Der notwenige Entwicklungsaufwand dahinter ist im Detail enorm. Er lässt sich beim besten Willen nicht für Wandler umsetzen, die den Käufer weniger als € 500 kosten. Und es ist nicht verkehrt, für seine Interface/Wandler-Kombination den fünffachen Betrag auszulegen.

Wer das nicht wahrhaben will, liest die drei kurzen Artikel, die unten verlinkt sind. Darin wird für jeden, der sich 15 Minuten Zeit nimmt, verständlich erklärt, wie komplex die Aufgabe des Entwicklers ist, bei der das Kunststück darin besteht, besonders viele Parameter irgendwie ausgewogen genug anzulegen, anstatt wenige Parameter auf kosten vieler messtechnisch beeindruckend auszulegen. Nach der Lektüre dieser kurzen Artikelserie sollte klar sein, warum es verflixt anspruchsvoll ist, in dieser Kategorie, die zwischen analog und digital übersetzte, ein klanglich gut klingendes Gerät für einen moderaten Preis anzubieten.


Redundanz zwecks Ausfallsicherheit

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Eine gute Lösung für funktionale Redundanz, kompakt und angesichts der eingeschränkten Klangqualität aber umfassenden Funktionalität preiswert: Das DiDock von SMPro für das nicht mehr hergestellte, inzwischen für hohe Preise gehandelte iPod Classic, mit genügend Speicherplatz für die Favoriten einer ganzen Tangothek in unkomprimierten Audiodaten – 160MB. Das Dock verfügt neben dem Anschluss für das iPod über einen Line-Eingang, Trenntrafos, regelbare, symmetrische XLR-Ausgänge (für Cinch sind separate Adapter nötig) mit ground-lift-Option, einen regelbaren Kopfhörerausgang und abschaltbare Ladefunktion für das iPod. Einziger Nachteil des iPod Classic: Es kann keine hochauflösenden Audiodaten verarbeiten. Wer das braucht, findet bei FiiO gute Player zu moderaten Preisen, aber kein durchdachtes Dock für heavy-duty-Betrieb in einem PA-Umfeld. Man kann nicht alles haben.


Geplante Obsoleszenz

Audiogeräte, die in der professionellen Sparte verkauft werden, sollten nach dem Kauf wenigstens zehn Jahre Dauerbetrieb ohne Wartung abkönnen. Sonst stimmt das Preis-/Leistungs-Verhältnis nicht und der Anspruch Professional wäre eine Anmassung. Ich benütze zB zwei professionelle Geräte, die nach über 30 Jahren erstmals in die Werkstatt mussten und zwei, die nach über 30 Jahren Einsatz noch nie in der Werkstatt waren. Solche Langzeitzuverlässigkeit relativiert einen hohen Anschaffungspreis drastisch – besonders falls man schlau genug war, solche Geräte erst wenige Jahre alt für einen Bruchteil des Neupreises zu kaufen. Dann wird so ein Kauf zum echten, zum Lanzeitschnäppchen um das einen viele zu Recht beneiden.

Mit dem neuen Millenium hat geplante Obsoleszenz leider endgültig Einzug gehalten in unserem technischen Alltag. Beim Kauf von Audiotechnik sollte man daher unterscheiden zwischen den Marktsegmenten prosumer und professional. Aber inzwischen ist sogar das nicht immer einfach.

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Ein Artikel zum Thema geplante Obsoleszenz mit praktischen Tipps. Gelöst ist das Problem damit mitnichten. Aber sich nur schon bewusst zu sein, was die Industrie uns zumutet, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

So klingen zB Tannoys nicht mehr hergestellte Monitore der Precision-Serie (Precision 6D und 8D (deutlich besser)) ein klein wenig hart, aber erfreulich gut und immer noch um Klassen besser als die meisten PA-Anlagen an Milongas. Die darin verbauten Kondensatoren und der schlecht konzipierte Wärmehaushalt garantieren aber den Ausfall der Elektronik nach wenigen Jahren. Und die Spannungsversorgung ist auch ziemlich anfällig aufgebaut. Hier wurde durch die Einsparung von Beträgen deutlich unter 5 € pro Gerät in der Produktion die Lebensdauer auf einen Bruchteil reduziert. So was ist absurd. Daher entsprechen diese eigentlich gut klingenden Monitore höchstens einem Qualitätsanspruch, den man an die Sparte prosumer stellt. Dafür war der Preis aber zu hoch. Zudem liefert der Hersteller für diese Geräte keine Ersatzteile mehr, was eine Reparatur unnötig erschwert. So kann man eine Marke auch kaputt managen. Nicht überall, wo Pro drauf steht oder suggeriert wird, steckt Pro drin und nicht alles, was nach Pro aussieht, ist tatsächlich Pro.

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Hochwertige ältere CD-Spieler wegzuschmeissen, weil ein Defekt auftritt, ist dumm. Eine Reparatur kostet fast immer um ein Vielfaches weniger, als der Kauf eines gleichwertigen neuen Geräts, das zudem zumindest mechanisch fast immer deutlich billiger aufgebaut ist.

Dass ich in dieser Replik bestimmte Lautsprecher-Baureihen von Tannoy öfter beim Namen nenne, heisst nicht dass es für TA der EdO dafür keine Alternativen gäbe. Die dafür besten Modelle dieses Herstellers habe ich in dieser Replik gar nicht genannt. Es ist einfach so, dass während rund zwei Jahrzehnten auszeichnete Studiomonitore von Tannoy aus den 80er-Jahren auf dem Gebrauchtmarkt in grosser Zahl zu attraktiven Preisen zu finden waren, die akustische Instrumente und Sänger hervorragend wiedergeben. Inzwischen tauchen immer weniger dieser Geräte auf den Markt auf und die Preise haben spürbar angezogen – auch in England.

Dieser Markt funktioniert simpel. Während die typische Erstkäufer solcher Technik in grosser Zahl wegsterben, was mindestens ein Jahrzehnt dauert, ist das Angebot gross und die Preise tief, weil viele Erben nicht wissen, was sie da in Händen halten und den Kram verhökern. Das sind ideale Voraussetzungen – nicht nur für DJs die Qualität wollen, aber nur wenig Geld dafür aufwenden können. Um das nutzen zu können, muss man den Markt genau kennen und trotzdem bleibt ein kleines Restrisiko. Damit muss man leben können oder besonders sorgfältig wählen, was die Anzahl attraktiver Angebote reduziert.

Für Audiotechnik zum Händler seines Misstrauens zu pilgern und sich dort etwas andrehen zu lassen, ist keine gute Idee. Händler und ihre Verkäufer sind NICHT unsere Freunde. Sie verstehen nicht mal die besonderen Bedürfnisse von EdO-Aficionados. High-End-Klitschen sind sogar darauf spezialisiert, uns diesen Eindruck trotzdem zu vermitteln. Denn davon leben sie. Aber kein TA-DJ, kein EdO-Afficionado ist dazu verpflichtet, sich über den Tisch ziehen zu lassen.

Ich will sicher nicht behaupten, dass nur alte Geräte gut klingen. Es gibt immer genug gute neue Geräte auf dem Markt. Aber für den Nichtkenner ist es nicht einfach, diese Überflieger aus dem momentan stets grossen Angebot an brandneuen Geräten herauszupicken. Zudem ist das Preis/Leistungsverhältnis bei exzellenten gebrauchten Geräten unschlagbar. Ein kleiner Hinweis noch: Wenn von einem teuren Audiogerät bereits zwei bis vier Jahr nach Produktionsstart jede Menge gebraucht angeboten werden, ist die Chance gross, dass die Erstkäufer damit aus klanglichen oder qualitativen Gründen alles andere als glücklich waren und den Kram jetzt loswerden wollen.


Für externe Netzteile der Firma RME, deren Geräte unter DJs im TA inzwischen weit verbreitet sind, gilt dasselbe, was ich zu manchen Tannoys bemerken musste. Ich hatte in einem Dutzend Jahren mit zwei Geräten von RME drei Totalausfälle. Und ich bin in diesen Tagen zum vierten Mal mit einem Defekt meines RMEs konfrontiert. Das ist zuwenig Zuverlässigkeit, eigentlich eine Zumutung. Ich weiss nicht, ob ich in sechs Monaten noch ein Gerät von RME besitzen werde. Bisher war immer das externe Netzteil der Übeltäter, der jedesmal Platinen im Gerät mit in den Abgrund riss. Geräte von RME bieten ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis, sind aber angesichts des Preises bezüglich Netzteil nicht zuverlässig genug. DJs, die Geräte von RME einsetzen, empfehle ich an Milongas daher immer Geräte für ein Notfallszenario bereitzuhalten. Wenn ein zweites RME zu teuer ist, reicht dafür zur Not zB das nicht mehr hergestellte V-DAC2 von Musical Fidelity (gebraucht suchen, keine Abbildung) für Interface und Wandlung in Verbindung mit einem Mutti vom Atelier der Tonkunst für Anschlusskompatibilität. Wo das Mutti bereits vorhanden ist, sind die Kosten für dieses Notfallszenario bescheiden, obwohl dann eine vernünftig klingende Pegelregelung fehlt.

RMEs ab rund € 1’000 gehören auf Grund der Klangqualität und Leistungvielfalt in die Sparte professional, obwohl deren Langzeitzuverlässigkeit ungenügend ist. Das war aber nicht besser, als entsprechende RMEs von wenigen Jahren noch € 2’000 kosteten. Die Probleme waren schon damals dieselben. RMEs Billiglösungen mit Kabelpeitsche halte ich nicht für Reise- und Milonga-tauglich. Mit so viel Miniaturisierung – auch im Innern der Geräte – handelt man sich häufig Nachteile ein. Ausserdem sind zumindest die Windows-Treiber von RME nicht mehr extrem stabil, wie früher zB für das OS XP. Das habe ich letztes Jahr selbst zweimal erleben müssen mit dem OS W7. So was ist sehr unerfreulich und für ein professionelles Gerät ein Killerdefizit. Ich kann das Dilemma des Herstellers jedoch verstehen. Der Konkurrenzkampf in dieser Sparte ist mörderisch, wird mindestens zu zwei Dritteln über den Preis ausgefochten, und die Laptop-Produzenten bringen in immer kürzeren Intervallen völlig überflüssige, so genannt neue OS auf den Markt, die niemand braucht.


Nichts ist so anfällig wie Festplatten, die seit Jahrzehnten gnadenloser Leistungssteigerung, Preiskampf und Miniaturisierung ausgesetzt sind. Im Allgemeinen geben Festplatten entweder schon in den ersten Wochen oder erst gegen Ende ihrer Betriebsspanne den Geist auf. Für Server-Betrieb zertifizierte Festplatten bieten etwas mehr Sicherheit und längere Garantiezeiten. Aber auch sie werden am Ende nur eins tun: garantiert den Geist aufgeben. Jeder Hersteller gibt einen MTBF-Faktor an. Das ist die durchschnittlich zu erwartende Betriebszeit in Stunden. Nicht nur Platten, die häufig transportiert werden, können aber schon sehr viel früher kollabieren. Ohne eine im Minimum doppelte Backup-Strategie ist daher der Supergau beim Kauf jeder Festplatte im Preis inbegriffen. Das ist bei jedem technischen Gerät so. Aber bei Festplatten wirkt es sich fatal aus. Denn ohne Backup droht der Verlust der gesamten Tangothek. Natürlich gibt es Firmen, die meist in der Lage sind beinahe alle Daten einer gecrashten Festplatte zu retten. Diese Dienstleistung kostet aber immer einen womöglich mittleren vierstelligen Eurobetrag und damit sehr viel mehr als zwei, drei zusätzliche Festplatten für eine vernünftige Backup-Strategie von Anfang an.

Wer schon lange mit Laptops arbeitet, weiss dass das schwächste Bauteil eines Laptops das externe Netzteil mit seinen Kabeln ist. Ich musste zB allein in letzten Jahr zwei solche Dinger ersetzen, die erst wenige Jahre alt waren. Hier sparen auch renommierte Hersteller schon seit Jahren unverhältnismässig. Schlaue DJs kaufen daher ein zweites Netzteil auf Vorrat und haben es beim DJen immer dabei.

Keiner der grossen Hersteller bietet professionelle Laptops an, ganz egal was auf den Kisten drauf steht – auch Apple nicht. Das ist alles Consumer-Kram. Früher waren Laptops von Apple langlebiger als die meisten, aber nicht alle Konkurrenten aus der DOS-Welt. Seit einzwei Jahren verklebt und verschweisst Apple die Bauteile in seinen Laptops, teils auch SSD und RAM. Das Ziel ist offensichtlich. Die dauerdummen Konsumenten – ich verwende aus guten Gründen (Produktivität) trotzdem seit Mitte der 80er-Jahre Computer von Apple – sollen bereits nach wenigen Jahren ein neues Laptop kaufen, anstatt das wenige Jahre junge Laptop aufrüsten zu können und/oder reparieren zu lassen, damit es nochmals für einige Jahre Arbeitsalltag taugt. Das ist angesichts der Preise für ein gutes Laptop ein Unverschämtheit.


Das mit der krankhaften Neomanie unserer Gesellschaft ist eine eigenartige Sache, für die es keine vernünftige Erklärung gibt. Es sei denn, man will das Stichwort Dummheit ins Spiel bringen. Einerseits wird Neomanie zum Mantra dieses Jahrhunderts stilisiert. Aber wenn es Ernst gilt, haben viele Menschen dann doch nicht den Mut, diesen Weg konsequent zu beschreiten. Weil sie wohl doch irgendwie spüren, was für eine bodenlose Dummheit das wäre. Trotzdem können sie sich diesem Zwang im Alltag kaum entziehen. Das hat oft die Dimension einer Gehirnwäsche. Sie kaufen zB neue Autos oder Fahrräder – in der Schweiz gerne alle zwei Jahre ohne Sinn und Verstand. Wenn sie dann den Nachbarn mit einem 15 Jahre alten Auto oder Fahrrad sehen, ziehen sie verächtlich über die vermeintlich arme Sau her. Aber wenn die gleiche Blechkiste, der selbe Drahtesel 30 Jahre auf dem Buckel hat, faseln sogar in der Wolle gefärbte Neomanen plötzlich was von wegen Youngtimer, bekommen glänzende Augen und blättern ohne Zaudern ein halbes Vermögen dafür auf den Tisch. Ich finde so ein Verhalten total gaga. Aber es sichert Arbeitsplätze.


Leere Versprechungen

Hersteller von Prosumer-Kram versuchen immer den dreifachen Rittberger mit dem dreifachen Salto zu verbinden. Das muss zur Bruchlandung führen, beeindruckt aber Laien ohne technischen Sachverstand auf geduldigem Papier: Ich habe viel, ich kann alles, also bin ich wer. Bei Prosumer-Kram mit besonders viel Leistung zum besonders günstigem Preis ist die Chance immer gross, dass der Käufer dafür ein Gerät erhält, welches vielleicht nie gut klingen wird und womöglich schon wenige Tage nach Ablauf der Garantie repariert werden muss, weil es wie konzipiert termingerecht den Geist aufgibt. Darin sind die Hersteller inzwischen richtig gut. Die Absicht dahinter ist offensichtlich. Eine Reparatur macht dann meist kaum Sinn – angesichts des Stundenansatzes für Servicetechniker (ganz besonders in der Schweiz) in Relation zum Preis eines neuen Pfusch-Geräts mit gleichwertiger Funktionalität und Klangqualität, aber inzwischen mit noch mehr Ausstattungs-Firlefanz und noch kürzerer Lebensdauer.

Bezüglich Nachhaltigkeit ist so eine Modellpolitik eine Katastrophe – weil geplante Obosleszenz inzwischen in jedem Haushalt dutzende von Geräten betrifft, die in Stückzahlen von Zehntausenden, Hunderttausenden, oder Millionen hergestellt wurden. Jeder DJ muss selbst entscheiden, ob er sich und unsere Welt damit bestrafen will, solchen Bockmist zu kaufen. Für die Herstellung eines Laptops werden sechs Tonnen(!) Rohstoffe verbraucht. Wenn so eine Kiste nicht mindestens zehn Jahre im Einsatz steht, ist das eine kapitale ökologische Bankrotterklärung. Mit einem Zeithorizont von 20 Jahren Lebensdauer – bei Laptops meinetwegen zehn – sind billige Audiogeräte fast immer die teuerste Lösung, weil Reparaturen und Ersatzbeschaffungen das vermeintliche Schnäppchen nach wenigen Jahren als Geldvernichtungs- und Ärgerproduktionsmaschine entlarven, welches garantiert im ungünstigsten Moment seinen Geist aufgibt.

Nicht nur dort, wo das Geld für die Anschaffung neuster Geräte fehlt, sind gebrauchte Geräte daher häufig die beste Lösung. Das Kunststück liegt dabei allerdings darin, dafür geeignete Geräte zu identifizieren und Exemplare zu finden, die sich in ausgezeichnetem Zustand befinden. Diese Anstrengung auf uns zu nehmen ist das, was wir dagegen tun können, dass Hersteller technischer Geräte uns mit geplanter Obsoleszenz und der Vertrendisierung von Alltagsgeräten drangsalieren. Ich brauche keine schlechten, aber teuren Kaffee kochende Kaffeemaschine, die aussieht wie die Karikatur eine Skulptur von Alberto Giacometti. Aber nicht, weil mir Giacomettis Skulpturen nicht gefallen.

Oder um es mit den Worten von John Ruskin zu formulieren: Es gibt kaum etwas auf der Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlechter machen kann und ein wenig billiger verkaufen könnte. Menschen die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften. Es ist unklug zuviel zu bezahlen, aber es ist auch unklug zuwenig zu bezahlen. Wenn Sie zuviel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld – das ist alles. Wenn Sie dagegen zuwenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie das Risiko hinzurechnen, welches Sie eingehen. Wenn Sie dies tun, haben Sie genug Geld, um für etwas Besseres mehr zu bezahlen. 

Das Argument mancher DJs, sie würden nicht über genug Geld verfügen, um sich hochwertige Technik leisten zu können, halte ich in den meisten Fällen für den besten Beleg für kopfloses Agieren, weil diesen DJs Durchblick genauso fehlt wie Anspruch. Wer wenig Geld hat, legt eben € 30 oder 60 oder 90 pro Monat beiseite – so lange, bis genug beisammen ist für den Kauf von Qualität auf dem Gebrauchtmarkt. Dieser Tisch ist in den reichen Ländern Europas mehr als nur üppig gedeckt. Hier wartet ein uferloses Schlaraffenland. Wem so wenig Planung und Sorgfalt zu anstrengend ist, kann nicht von sich behaupten, ihm würde TA der EdO am Herzen liegen.


Audio-Laptops
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Ein nützliche kleine Anleitung für technikinafffine DJs für die allersten technischen Schritte zur eigenen Tangothek. Und trotzdem reicht dieses Knowhow hinten und vorne nicht. Es verhindert höchsten einige der kapitalsten Schnitzer.

Ich werde nie verstehen, warum viele DJs mit wenig Geld ein neues MacBook Pro zum Auflegen kaufen und dann kein Geld mehr für einen Teil des notwendigen Rests an Technik haben: externe Festplatten, ein gutes Interface, anständige Kabel und vor allem eine ordentliche Abhöre (Überraschung!) daheim. Ein vier bis sechs Jahre altes MacBook Pro oder IBM Thinkpad gebraucht gekauft reicht für DJ-Anwendungen mit TA völlig. Dann ist auch noch Geld für einen Teil des notwendigen Rests vorhanden. Das brandneue Laptop klingt nämlich nicht besser. Und dessen Rechenleistung ist in der Welt des TA mit Musik der EdO unnötig, in der ein DJ, falls überhaupt, nur mit wenigen Audiospuren gleichzeitig jonglieren muss. Beschallen plus Vorhören parallel betrieben ergeben für mono zwei und für stereo vier Spuren. Mehr ist nicht. Das schafft auch das älteste noch betriebsbereite Laptop in meinem Gerätepark, welches inzwischen 13 Jahre auf dem Buckel hat, mit links.

Es versteht sich von selbst, dass man zum DJen ein separates Laptop verwendet, das dafür optimal konfiguriert wurde und nur dafür verwendet wird. Das bedingt ein makelloses clean install von OS und Software ohne Abkürzungen. Dieses Laptop hängt nur ausnahmsweise am Internet –  zB für Software-Updates. Obwohl so ein System, wenn es einmal rund läuft, über Jahre hinweg bestens ohne jegliche Updates zurecht kommt und genau deshalb superstabil bleibt. In dieser Beziehung kann jeder DJ von Audio-Professionals einiges abkupfern. Deren Rezept ist schrecklich einfach: Never alter a system that functions flawless. Die neuste Version eines OS zB klingt schon seit Jahren keinen Fatz besser, macht ältere Laptops aber langsamer und benötigt mehr RAM.

Ich kenne einen auf on-location-Aufnahmen spezialisierten Tonmeister, der sämtliche Arbeiten mit drei rund zehn Jahren alten Thinkpads erledigt. Die damit erzielten Resultate sind klanglich makellos. Diese Laptops nuckeln nie am Internet und sind deshalb superstabil. Die darauf laufende sehr teure DAW ist acht Jahre alt, lässt diesen Profi aber nichts vermissen. Und wer versuchen würde, diese Laptops ans Internet anzuschliessen, müsste damit rechnen, vom Besitzer mit einem brandneuen Laptop augenblicklich erschlagen zu werden.

Wer sich ein separates Laptop zum DJen nicht leisten kann, kommt noch viel weniger darum herum, sein einziges besonders sorgfältig für Audio-Anwendung zu konfigurieren und dem Vorrang einzuräumen. Wenn er schlau ist, wird er vermutlich nicht mit dem allerneusten OS arbeiten – von wegen Treiber-Kompatibilität. Natürlich wird dieses Laptop zumindest während des Beschallens nicht mit irgendwelchen anderen Aufgaben betraut. Es ist dann sicher nicht im Internet zugange. Das schliesst auch Facebook und anderes social vanity aus. Wer das nicht versteht, hat keine Ahnung davon, was im Innern eines Laptops stromspannungstechnisch abläuft. DJs, die nicht willens oder fähig sind, sich ganz auf ihr Publikum zu konzentrieren, werden es in Bezug auf die Musikprogrammation sowieso kaum schaffen, ihr Publikum je rundum zu begeistern.

Wenn Geld kein knappes Gut ist, soll es ein Laptop mit SSD sein. Maximale RAM-Bestückung ist sowieso immer Pflicht. Dieses Laptop muss wie gesagt nicht neu sein. 2015 ist ein Macbook Pro early 2011 dafür zB eine ausgezeichnete Lösung, weil problemlos reparierbar, im Gegensatz zu neusten Laptops, auch auf Bauteileniveau. Wichtig ist eine hohe Bildschirmauflösung, damit im software player alle wichtigen Spalten der Musikbibliothek ohne seitliches scrollen auf einen Blick zu sehen sind. 1920x1200px sind goldrichtig, mit 1680x1050px kann man auch arbeiten, aber weniger als 1440x900px sollten es nicht sein. Einziger Nachteil von älteren Laptops für DJs: das Display ist nicht so hell, wie bei den neusten Modellen, was lediglich an open-air-Milongas tagsüber stören kann. Das oben erwähnte MacBook Pro läuft noch mit dem besonders stabilen und schnellen OS 10.6.8, was für DJen 2015 eine Idealbesetzung ist. Audio-Daten werden grundsätzlich auf externe Festplatten ausgelagert. Das handhabt jeder Audio-Professional so. Das gehört zum kleinen Einmaleins für den Einsatz digitaler Audiotechnik. Und davon ist immer ein betriebsbereites Backup mit dabei, welches am Abend vor der Milonga aktualisiert wurde. Aber das ist nicht das einzige aktualisierte Backup. Auch das kupfert jeder schlaue DJ bei Audio-Profis ab: Ein Backup dabei und eines, spätestens vor einem Monat aktualisiert, bei einem Freund oder in einem Bankschliessfach untergebracht, damit nie sämtliche Festplatten mit der selben Musikbibliothek am gleichen Ort lagern und daher gleichzeitig verloren oder gestohlen, fallen gelassen oder zerquetscht, verbrannt oder ersäuft werden können.

Wer nicht mit Scheuklappen auflegt, installiert 2015 auf seinem Mac auch eine DOS-Partition mit Windows 7 – sowohl über Boot Camp (für grössere Jobs) als auch über Parallels (für kleinere Jobs) einsetzbar – damit er auch Software einsetzen kann, die es für Mac nicht gibt. Andersrum ist das nur mit enormem Aufwand möglich. Aber es ist möglich. Diese Funktionalität für Audioanwendungen auf einem Mac sauber aufzusetzen, ist eine ziemliche Herausforderung, die umfassende IT-Kenntnisse auf DOS erfordert. Das ist keine triviale Geschichte. Ich zB war damit überfordert, habe damit einen befreundeten Fachmann beauftragen müssen. Fakt ist leider seit Jahren, dass die Mac-Version des ausgezeichneten Software-Players J River Media Center nicht gleich stabil läuft und nicht gleich sorgfältig implementiert ist, wie die DOS-Version. Falls das OS nicht akribisch für Audioanwendungen optimiert wurde und schlank gehalten wird, kann das zu Abstürzen führen. Es gibt also, auch wenn es ein Mac sein muss, mehr als genug Gründe, als DJ plattformbezogen nicht verbohrt auf einem Bein stehen zu bleiben.

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Ein nützliche kleine Anleitung für technikinafffine DJs für die allersten technischen Schritte in Betriebssystem und Software-Player. Die Werbung für Kabel einfach ignorieren. Vieles davon ist Firlefanz für grosse Buben mit dicker Brieftasche und Aufmerksamkeitsdefizit.

Software-Player
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Hintergrundinfo zu einem unterschätzen Thema, welches alle DJs etwas angeht.
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Ich habe das Thema integer mode aus Zeitgründen nie abschliessend klären können.
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Diese Stellungnahme eine renommierten Entwicklers zu integer mode macht klar, dass das 2016 immer noch nicht selbstverständlich ist.
Diese Stellungnahme von J River Media Player beantwortet ganz unten das Wichtigste zu integer mode.

Diese Stellungnahmen der Branche zu integer mode macht auch klar, warum ein guter 20 Jahre alter CD-Spieler –  aber nicht die klanglich unsäglichen Doppellaufwerke in hardware-DJ-Setups für einen Apfel und eine Ei – besser klingen kann aber nicht muss, als Musikwiedergabe ab Laptop mit einer externen Interface/DAC-Kombination aus aktueller Produktion.

Klangentscheidend sind oft Details bezüglich Hardware, Software plus Einstellungen im OS, deren Namen Laien noch nie gehört haben, die für Amateure eine Herausforderung bleiben. Ich habe schon erlebt, dass ein gestandener Tonmeister mit 20 Jahren Erfahrung nicht in der Lage war, das routing eines professionellen Interfaces korrekt einzustellen, geschweige denn solche Feinheiten in den Griff zu bekommen. Das ist kein triviales Thema. Software-Ergonomie und Audio-Software sind sich manchmal spinnefeind. Software Entwickler haben einen Hang dazu, Geheimnisse zu machen, wo das unnötig wäre. Leider lässt sich in der Audio-Branche mit der Verunsicherung von Konsumenten immer noch Geld machen.


Bei Software-Playern ist die Auswahl nicht gross, falls ein TA-DJ jene bevorzugt, welche der Musik-Bibliothek möglichst viel Raum auf dem Bildschirm zugestehen und bei der Wiedergabequalität keine Abstriche machen. Alles andere ist Kinderkram, weil im TA so was wie beat-genaues Überblenden und andere Kinkerlitzchen nie Thema sein wird. Und damit sind Traktor und Co. auch aus ergonomischen Gründen Fehlbesetzungen. Viele Player aus dieser Kategorie weisen klangqualitative Defizite auf, weil die Entwickler einen knackigen Sound für Pop bei der Entwicklung im Auge hatten, anstatt mit dem Ohr in Richtung authentischer Klang zu entwickeln. Ausgewachsene DJ-Software-Player haben ihre Stärken immer in Bereichen, die für einen TA-DJ ohne Nutzen sind. Sie sind daher egal wie beeindruckend aussehend sie daherkommen für musicalizadores tradiconales keine Bereicherung – weder klanglich, noch ergonomisch.

Auf Software-Player für Linux gehe ich in dieser Replik gar nicht ein, weil ich davon nichts verstehe und nur wenige TA-DJs über genug IT-Wissen verfügen, um damit im DJ-Alltag problemlos über die Runden zu kommen. Das ist nicht nur einfach so daher gesagt. Ich habe kürzlich einen gut musikprogrammierenden TA-DJ erlebt, dem es vor Ort nicht gelungen ist, seinen Linux-basierten Laptop mit einem weit verbreiteten, alles andere als exotischen Interface zu verbinden und gezwungen war, die ganze Milonga über den Kopfhörerausgang zu beschallen was zu einem sehr harten Klang führte. Ich kenne einen anderen ebenfalls gut musikprogrammierenden TA-DJ, hauptberuflich im IT-Bereich tätig, der mehrere Tage brauchte um so ein Treiber- oder Konfigurationsproblem so zu lösen, dass Abstürze Geschichte waren.

Wenn so ein Linux-Laptop einmal rundum richtig konfiguriert ist, ist das eine feine Sache. Aber wenn irgendwann wieder ein Problem so auftaucht, geht es jedesmal direkt ans Eingemachte. Und das kostet immer Zeit. Zeit die einem TA-DJ unmittelbar vor einer Milonga häufig kaum zur Verfügung stehen. Trotzdem halte ich open source wie Linux für eine tolle, förderungswürdige Sache. Vielleicht entscheidet sich irgendwann ein TA-DJ, der hauptberuflich Linux-Crack ist, für TA-DJs eine massgeschneiderte Edition anzubieten, welche Linux plus zB Foobar 2000 inklusive der anspruchsvollen Konfiguration mit einem für jedermann intuitiv bedienbaren GUI kombiniert. Träumen kostet nix.

Ich weiss, dass viele DJs auf Winamp schwören. Weil Winamp nicht weiter entwickelt wird, wird dieser Player ganz von allein allmählich an Bedeutung verlieren. Drei Player sind für TA der EdO 2016 besonders interessant: Foobar 2000, J River Media Center und iTunes in Kombination mit PureMusic. Foobar 2000 gib es nur für das OS MS, ist uneingeschränkt erweiterbar und ideal für IT-affine DJs aber nur für die. J River Media Center läuft auf beiden Plattformen, mit reduzierter Funktionalität auf dem OS X. Dieser Player ist ideal für DJs, die ein fixfertiges Produkt suchen.

iTunes läuft auf beiden Plattformen, mit eingeschränkter Funktionalität auf dem OS MS. iTunes wird von vielen DJs eingesetzt. Ich halte diesen Software-Player aber aus vielen Gründen für eine schlechte Wahl, unter anderem weil iTunes klanglich nicht überzeugen kann und die Abspielfunktionalität vom Entwickler seit Jahren vernachlässigt wird. In diesem Bereich bietet iTunes seit Jahren keinerlei Innovation.

Um mit einem Laptop mit iTunes auch vorhören zu können, eignet sich zB Audirvana – mittels drag and drop aus iTunes heraus ist das unkompliziert. Ob eine Kombination von iTunes, PureMusic und Audirvana (Beschallen mit iTunes und PureMusic und Vorhören mit Audirvana) einwandfrei funktioniert, habe ich aber nie ausprobiert, weil ich iTunes schon lange nicht mehr für TA verwende. iTunes-Erweiterungen und andere Software-Player, die Bildschirmplatz für drollig drehende, kunterbunte Plattenteller verschwenden, sind Kinderkram für adoleszierende DJs.

Falls es trotzdem iTunes sein soll, kommen nur Versionen bis Version 10.7 in Frage. Für Mac – beim OS MS kenne ich mich mit iTunes nicht aus. Ab Version 11 hat Apple GUI und Funktionalität in einer Weise verändert, die kein DJ schätzt. Der downgrade von Version 11 lässt sich auch mit einer grossen Tangothek in einer Stunde erledigen. Aber vorher ein Backup von Datenbank und Musikfiles erstellen! Wenn downgrading auf iTunes 10.7 mit dem neusten OSX und/oder iTunes einmal nicht mehr möglich sein wird, ist die Ära von iTunes für DJs im TA endgültig abgelaufen. Soweit ich weiss, haben wir diesen Punkt Ende 2015 mit OS 10.11 (El Capitan) erreicht. Aber ausprobiert habe ich das noch nicht. Ich weiss es bisher nur vom Hörensagen. Vielleicht wird demnächst doch noch ein work around dafür entdeckt, damit iTunes eine Gnadenfrist erhält.

iTunes ist längst mehr marktschreierischer Kiosk als Player (aber nicht im Sinn von Kiosk-Software) und damit ein immer lendenlahmer werdendes Dickschiff. Seine Fähigkeiten als Player werden schon seit Jahren nicht mehr mit nützlichen Neuerungen im Zusammenhang mit dem Abspielen von Musik bereichert, obwohl da ganz viel im Argen liegt. Das kann auch PureMusic nicht auffangen, obwohl diese Erweiterung sehr interessante Optionen bietet.

Da iTunes seine Daten nicht in einer Datenbank verwaltet sondern in einer Textdatei im Format XML, können umfangreiche Tangotheken, die konsequent getagt sind, iTunes dermassen ausbremsen, dass zügiges Arbeiten nicht mehr möglich ist. Wenn es nach dem Eintrag eines Tags 15 bis 30 Sekunden dauert, bevor iTunes wieder auf Eingaben reagiert, kann ein DJ damit nicht mehr arbeiten. Falls dann der Wechsel auf internen SSD-Speicher und maximale RAM-Bestückung das Problem genauso wenig behebt wie ein neuer, schnellerer Laptop, hilft nur der Wechsel auf einen anderen Player wie zB J River Media Center, dessen Datenbank auch auf älteren Laptops schnell genug ist. Daher kann man bei ersten Auftauchen solcher Probleme den letzten Schritt genauso gut als ersten machen. Das schont die Brieftasche und spart Zeit. J River Media Center ist auf Mac aber nur auf CPUs von Intel lauffähig.

Amarra als iTunes-Erweiterung fingert mir hörbar zu viel am den Audiodaten rum. Ich konnte diese Frage aber bis heute nicht abschliessend klären. Der renommierte Entwickler Daniel Weiss (nicht Entwickler von Amarra) hat mir in einem Gespräch beinahe schon verärgert versichert, dass ich diesbezüglich auf dem Holzweg sei. Weiss ist nicht nur ein Koryphäe in Sachen digitaler Audiotechnik sondern auch erfrischend und entlarvend ehrlich – eben kein Drückerkolonnenverkäufer, und dafür schätze ich ihn. Vielleicht finde ich irgendwann mal Zeit, um dieser Frage auf den Grund zu gehen. Noch muss in Bezug auf Amarra ein Fragezeichen stehen bleiben.

Beinahe jeder Software Player klingt etwas anders. Das hört man gut – sagen nicht alle DJs. Das hängt auch davon ab, wie einige dieser Player eingestellt sind. Auch da gibt es Unterschiede. Auch das hört man – sagen nicht alle DJs. Zum Teil hängen die Einstellmöglichkeiten davon ab, mit welcher OS-Version man einen Player betreibt, weil manche Funktionen nur von bestimmten Versionen unterstützt werden. Diese Diskussion ist nicht identisch mit der zum Thema bit perfect. Ich werde in dieser Replik auf diese Unterschiede nicht eingehen, weil das ein Fass ohne Boden ist.

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Entwicklungsleiter von Software-Playern geben kurze Empfehlungen darüber ab, wie ihre Software optimal eingesetzt wird.

Wer mit dem längst zum Quasistandard gewordenen user interface von Playern wie Winamp oder iTunes nicht richtig warm wird, also Playlists die pro Zeile alle Angaben zu einen Titel anzeigen und mit smarten Playlists einen aufgeräumten Zustand der Tangothek unterstützen, wird vielleicht mit der einen oder anderen Software für Radio-Programmation glücklich. Ich bin als DJ mit dem heutigen Quasistandard rundum glücklich, verwende J River Media Center. Diesen Quasistandard tatsächlich auszureizen ist mit enormem Aufwand verbunden. In meiner Tangothek stecken inzwischen über eineinhalb Mannjahre Arbeit. Aber nicht jeder DJ tickt so. Im Profi-Sektor hat es immer intuitivere Lösungen für anders tickende Menschen gegeben. Sie funktionieren für TA der EdO, falls ein DJ seine auf den absoluten Kern tanzbarer Titel eingedampfte Tangothek tatsächlich aus dem Effeff kennt und nicht gerne plant, sondern seine Musikprogrammation völlig spontan aus dem Moment heraus gestalten will, also beim Abspielen des ersten Stücks einer Tanda noch nicht entschieden hat, welche Aufnahme das letzte Stück dieser Tanda sein soll.

Um zu verstehen, was das einem DJ bringt, werfen wir einen Blick zurück in die analoge Ära, als zum Spielen von Musik immer ein physischer Datenträger und ein Abspielgerät nötig waren. In grossen, vor allem staatlichen Radiostationen war die Funktion der Musikredaktion und des Kommentierens von der Funktion des Abspielens und Sendens meist getrennt. In kleinen Radiostationen gab es diese Trennung weniger. Dort gab es damals meist Kisten, zB mit 40 Fächern. In jedem Fach steckte eine professionelle Endlosband-Kassette zB im Fidelipac-Format, zB mit je einem der momentanen Top-40-Pop-Hits. Damit war eine sehr spontane Radio-Programmation innert Sekunden möglich, mit einer Haptik, die uns Menschen bestens entspricht – analog pur eben. Wenn man einen dieser Hits spielen wollte, packte man die entsprechende Kassette in der chart box und schob sie in die chart machine, die dann automatisch startete.

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Die billboard list der Top 40 wird heute noch ermittelt.
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Damals: An der Wand im Hintergrund stand eine chart box mit 5×10 Fidelipac-Endlosband-Kassetten griffbereit. Und im Rack rechts waren dafür zwei Doppellaufwerke installiert.
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Heute: Auf dem Bildschirm hinter der Nase des Sprechers sieht man die digitale Emulation einer chart box im Einsatz. Das Konzept wird von Profis also nach wie vor benutzt, oft auch für jingles und commercials.
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In Sarafians Film Vanishing Point von 1971 – wie Hellmanns Film Two-Lane Blacktop aus dem selben Jahr ein Road Movie schlechthin – stehen in der lokalen Radiostation am Rand der Zivilisation chart machine und chart box auf dem Tisch mit der Konsole des Sprechers. Diese Technik war damals Quasi-Standard.
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Die Software Emulation SoundByte kann für manche DJs interessant sein. Wie der Player klanglich abschneidet, habe ich jedoch nie ausprobiert, weil ich so einen Software Player nicht brauche.

Man sollte dieses in Vergessenheit geratene Konzept nicht ignorieren. Für manche DJs kann es genau das sein, was sie schon lange suchen. Interessant wird dieses Konzept dort, wo software nicht den slot des Abspielgeräts zeigt – die eins-zu-eins-Simulation von Hardware-Frontplatten ist keine gelungene GUI-Umsetzung – , sondern die chart box mit ihren Fächern für 40 oder mehr Kassetten symbolisiert. Wenn man auf dem Bildschirm zB zehn solche virtuellen chart boxes mit je 100 Titeln in zehn Fenstern offenhalten kann – das sind 1’000 Titel im Direktzugriff – und jedes dieser Fenster mit einem Klick hervorholen und dort jeden Titel mit einem Doppelklick abspielen oder einem Klick zum Abspielen vormerken kann, ist man extrem schnell und spontan bei der Musikprogrammation.


Von vielen anderen Software-Playern kann ich nur abraten. Oft sind sie auf die Anforderungen von elektronisch generierter Musik zugeschnitten. Eine ganze Reihe von Playern klingt grenzwertig. Andere haben ein GUI welches die Arbeit damit erschwert. Bei kleinen Entwicklungsfirmen ist die Chance gross, dass so ein Player irgendwann nicht mehr unterstützt und ersatzlos aus dem Programm gestrichen wird. Das Schicksal von Winamp ist dafür ein gutes Beispiel, auch wenn sich Ende 2015 vielleicht eine Lösung für diesen Player abzeichnet.

Wer wie ich weit über ein Mannjahr Arbeit in Aufbau und Pflege seiner Tangothek stecken hat, steht dann vor einer Herausforderung grösserer Art, weil die Migration einer umfassend getagten und dabei vermutlich heftig tag-getweakten Musikbibliothek mit eigens dafür definierten, nicht standardisierten Tags auf einen anderen Player immer mit enormem Aufwand und viel Handarbeit verbunden ist, ganz egal was verkaufsgeile Hersteller online und vorlaute Händler offline versprechen. Denn die eingebauten Parser versprechen immer mehr als sie halten. Dafür einen Parser massschneidern könnten nur Programmierer.

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Eine weitere Informationsquelle für technikinaffine DJs.

Ich möchte diese kurze Übersicht zu Software-Playern aber nie als der Weisheit letzter Schluss verstanden wissen. Was ich hier äussere beruht auf jahrelanger Erfahrung mit Software-Playern für die Musik der EdO. Trotzdem ist es Einzelnen kaum möglich, diesen dynamischen Markt zu überblicken und sich von sämtlichen vielversprechenden Entwicklungen selbst einen Eindruck zu verschaffen. Denn verändern kann sich mit jedem grösseren Versionssprung Wesentliches. Oft höre ich lieber einige Stunden länger Musik, anstatt schon wieder Audiotechnik testen zu müssen. Denn dafür brauche ich immer einen grosszügigen Teamplayer, der die notwendigen Blindtests für mich fährt. Sonst führe ich mich lediglich selbst an den Ohren herum.

Für die meisten TA-DJs gilt daher: Lieber nicht mit dem allerneusten Software-Player arbeiten, falls der noch nicht auf Herz und Nieren getestet wurde. Besser mit einem nicht mehr taufrischen Software-Player arbeiten, der seine Zuverlässigkeit vielfach bewährt hat. Das zahlt sich beinahe immer aus, weil manche Probleme, gewissen Abstürze dann Geeks und Nerds anstatt mich nerven. Zudem verwende ich grundsätzlich keinen Software-Player, dessen Versionsnummer hinter dem Komma eine Null aufweist, ganz egal wie verlockend die Versprechungen der Entwicklerfirma sich lesen. Papier und Bildschirme sind geduldig und Apple ist da keine Ausnahme.


Eine Schlangengrube

Testberichte über Audiotechnik sind ohne jeden praktischen Nutzen, ganz egal ob in der Washington Post oder einer Hochglanz-special-interest-Postille veröffentlicht. Wer das nicht glauben will, kann so einen Testbericht ans Ohr halten. Klingt das Papier grossartig, auf dem der Testbericht gedruckt ist? Dann sofort kaufen, heute noch! Die Empfehlungen der meisten Händler sind keinen Fatz besser. Die meisten Händler leben davon, dass ihre Kunden immer wieder zurück kommen, weil sie mit Gekauftem unzufrieden sind. Das ist es, was High-End ist: Ich habe da was Neues, sensationell, bedeutend besser als alles, was ich ihnen vor wenigen Monaten angedreht habe. Tja, erstaunlich, wie rasant die Entwicklung weiter geht. Darauf kann ich nur antworten: Pustekuchen. Mir ist zudem bis heute kein einziger Händler bekannt, der einen TA-DJ mit seinen besonderen Anforderungen betreffend Musik der EdO kompetent beraten könnte.

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Gute Kabel sind wichtig. Aber gut heisst lediglich elektrisch und mechanisch der gestellten Aufgabe gewachsen. Deshalb fallen manche Kabel für den PA-Bereich etwas dicker aus. Damit sie problemlos überstehen, dass man immer und immer wieder auf sie drauf tritt. Mit dem Kram auf dem Foto hat das nichts zu tun. Es gibt gute teure Kabel. Aber es gibt Unmengen von schlechten Kabeln und darunter jede Menge absurd teure Kabel. Ich habe bis heute ein einziges Kabel für mehr als Tausend Euro gehört, welches klanglich begeistert. Gekauft habe ich es trotzdem nicht. Andererseits habe ich Dutzende von teuren Kabel gehört, die nicht besser oder schlechter klingen, als ordentliche Qualität im Bereich zwischen Euro 20 und 100 pro Kabel.

Die Verkabelung oben ist ein Musterbeispiel für Absurdität und katastrophales Preis/Leistungs-Verhältnis. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Wust gut klingt ist minimal. Hier dreht sich alles um das Aussehen: der Querschnitt, die alle Dezimeter übergestülpte Spielerei und die wertig wirken sollende aber aufschneiderische daher kommende Konfektionierung. Und das auch noch ganz in Weiss. Dafür braucht es zweimal wöchentlich eine Putze. Wenn solche Grosskotze der Klangqualität zuträglich wäre, müssten in den damit verbundenen Geräten ebenfalls solche Monster verbaut sein. Sind sie aber mit gutem Grund nicht. Gross ist nicht identisch mit gut. Gute Audiotechnik kann man nicht mit den Augen erkennen sondern ausschliesslich mit den Ohren und die sehen so einen Klamauk nicht mal. Für den Neupreis dieser Dinger kann man sich ein luxuriös ausgestattetes Mittelklasseauto gebraucht kaufen.

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Ein ganz klein wenig von Kabeln und Erdung sollte jeder TA-DJ verstehen.

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Die Audioindustrie kann für Neulinge eine ziemliche Schlangengrube sein. Hersteller und Händler versprechen das Blaue vom Himmel herunter und noch viel mehr. Gute Geräte können ihren Preis haben – schlechte aber viel zu oft auch. Wer sich das Video oben (nur auf Englisch) anschaut, hat hinterher hoffentlich mehr Mut, den Rattenfängern der Audioindustrie selbstbewusst und selbstbestimmt entgegen zu treten. Das ist überlebenswichtig und schont das eigene Bankkonto kolossal.

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Wer lieber liest anstatt ein Video anzuschauen und das auch noch deutsch anstatt englisch, ist mit der Website oben zumindest für einen ersten Schritt am richtigen Ort. Aber nicht alle Aussagen dort gelten uneingeschränkt.

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Technische Werte sind eine feine Sache, die helfen können einzuschätzen, was ein Audio-Gerät kann und was nicht. Leider unternehmen viele Anbieter alles, um aussagekräftige Angaben zu vermeiden, indem sie falsche Werte veröffentlichen oder unvollständige und vor allem die wichtigsten Werte gar nicht. Um solche Kapriolen zu durchschauen, muss man einige Zusammenhänge kennen.


Notwendige Ergänzung

Durch Leserkontakte initiierte Ergänzung – am 27. Sept. 2016 nachträglich eingefügt

Empfehlungen von Audiogeräten werden von mir überraschend oft gewünscht. Eigentlich mag ich das nicht, weil es oft zu klanglichem Stückwerk führt. Trotzdem habe ich diesem Wunsch hier von Anfang an entsprochen. Entsprechend gross war die Resonanz. Ganz bewusst habe ich Geräten die gebraucht auf dem Markt zu finden sind ebenso viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie Geräten die neu erhältlich sind. Inzwischen haben Leserreaktionen gezeigt, dass meine Empfehlungen einer Ergänzung, Präzisierung bedürfen. An den Empfehlungen selbst ändert sich aber nichts. Schliesslich empfehle ich nur Geräte, welche ich aus eigener Erfahrung kenne.

Hinter dem Wunsch nach solchen Geräteempfehlungen steckt oft der Wunsch manche Aufgaben würden sich damit ganz von allein lösen – ich bin was ich habe. Dem ist aber meist nicht so, wenn man nackte Problemlöser wie zB das Mutti nicht berücksichtigt. Mit dem Kauf des richtigen Audiogeräts beginnt für TA-DJs oft ein Lernprozess. Der ist häufig spannend, obwohl er in der ersten Zeit nicht weniger sondern mehr Arbeit mit sich bringt. Ein Gerät wie der Finalizer 96k ist dafür ein gutes Beispiel. Die Möglichkeiten des Geräts erzwingt bei den meisten Käufern unter TA-DJs eine autodidaktische Lehrzeit, die locker ein Jahr anhalten kann. Vielleicht war es falsch, das nicht besonders deutlich erwähnt zu haben.

Im Zentrum diesbezüglicher Gerätefragen muss bei der Realisierung stets der Prozess über das komplette, das konkrete Setup vor Ort stehen. Weil einige Anwender vor dem Gerätekauf ihr eigenes Setup nicht detailliert genug in ihre Überlegungen einbezogen haben, sind nach dem Kauf vereinzelt Probleme aufgetaucht. Audiogeräte erledigen meist lediglich Teilaufgaben. Daher darf der Kauf von Audiogeräten oder eines Markennamens nie isoliert im Zentrum stehen. Image oder Prestige einer Marke sind sowieso bedeutungslos. Es zählen einzig wie etwas klingt, ob es langlebig genug konstruiert und gebaut ist und ob es im konkreten Setup eine Lösung darstellt, welche sich reibungslos in den GANZEN Prozess einfügt.

Einige TA-DJs habe Ähnlichkeit mit manchen US-Tänzerinnen auf Besuch in BA, die bei Cif mit zehn Paar Schuhen aus dem Laden stolzieren, obwohl ihre kleine Zehe nur mit brachialer Gewalt im Schuh Platz findet. Cif-geil ignorieren sie, dass ihre etwas breiter als durchschnittliche Fussform in keinem der beiden Leisten von Cif Platz findet. Das Resultat sind Schmerzen und mit den Jahren ein selbst gezüchteter hallux valgus. Ich hoffe dieses traurige Beispiel Realsatire war deutlich genug, um manchen TA-DJs zum Nachdenken zu bringen.


Die aufgetauchten Probleme stehen stets im Zusammenhang mit der konkreten Installation und den spezifischen Bedürfnisse seines Benutzers: Im vorhandenen Raum daheim genauso wie in Tanzschuppen, der Form und den Inhalten der digitalen Tangothek, den gewählten Formaten und Schnittstellen, den finanziellen Möglichkeiten und dem Fachwissen eines Anwenders. Zudem muss bereits vorhandene Audiotechnik mit neuer oder in Zukunft zu kaufen geplanter Audiotechnik harmonieren, um Fehlkäufe zu vermeiden. Spätestens jetzt wird die Aufgabe ziemlich anspruchsvoll. Dabei lässt sich das eine oder andere Detail über alles vor einem Gerätekauf leicht übersehen.

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Einen Prozess zu skizzieren, zB als Blockdiagramm, ergänzt um wichtige Details, hilft Fehlkäufe zu vermeiden.
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PDF zum ausdrucken – für eine handschriftliche Skizze des eigenen Setups als Blockdiagramm mit handschriftlichen Ergänzungen.

Ein Beispiel nur, welches einem Anwender momentan tatsächlich Probleme bereitet: Wenn eine Tangothek digitale Daten mit unterschiedlichen Formatbreiten und -tiefen (also zB 44,1kHz/16bit (Red-Book-CD-Spezifikation) plus 96kHz/24bit (TangoTunes Golden Ear Edition FLAC-Format)) enthält, muss die gesamte Audiotechnik damit nicht nur ohne manuelles Umschalten zurecht kommen. Es versteht sich von selbst, dass keine hörbaren Umschaltknackser die Tänzer an Milongas irritieren dürfen. Das schaffen aber nicht alle Geräte. Nicht nur bei gebrauchten Geräten muss man solche Details vor dem Kauf klären und sich entsprechende Zusagen von Verkäufern schriftlich geben lassen, damit man am am Ende nicht der Dumme ist. Es sind meist kleine Dinge, welche hinterher grosse Probleme verursachen.

In diesem Fall sind die Konsequenzen nicht ohne. Kurzfristig lässt sich dieses Problem beheben, indem man den Software-Player die digitalen Daten vor jedem Abspielvorgang auf ein einheitliches Format umrechnen lässt. Manche OS erlaben es auch, diese Aufgaben zur Not ihnen zu überlassen. Das sind aber keine finalen Lösungen, sondern Notlösungen mit denen man Zeit schinden und trotzdem DJen kann, bis man das Problem gelöst hat. Falls man einen Software-Player verwendet, der diese Aufgabe nicht beherrscht, hat man mit dem je nach Setup und OS notwendigen Wechsel des Software-Players aber sogar für diesen Zwischenschritt jede Menge Arbeit vor sich. Also vor dem ersten Schritt bitte sämtliche Punkte ganz genau abklären.

Nun hat man sich genug Zeit verschafft, um das Problem tatsächlich zu lösen. Dafür bieten sich zwei Wege an: 1. Entweder man vereinheitlicht das digitale Format seiner Tangothek. Bei so einer Umrechnung geht immer etwas Klangqualität verloren. Aber mit dem richtigen Tool gemacht lässt sich das vertreten. Allerdings gibt es nur zwei Tools, die das richtig gut machen (XLD (kostenlos) und Saracon (teuer), weil beide so konzipiert sind, dass hinter dem Komma möglichst wenig oder gar keine Rundungsfehler gemacht werden. Auf dem Weg dort hin lauert allerdings der eine oder andere Stolperstein im Detail. Das ist Stapelverarbeitung hin oder her keine triviale Angelegenheit. 2. Oder man ersetzt Audiogeräte, welche das Problem verursachen. Diese Lösung kostet weniger Zeit, aber mehr Geld. Ich halte die zweite Lösung für die nachhaltigere, weil es sich in Zukunft kaum vermeiden lassen wird, Tonkonserven mit unterschiedlichen Formatspezifikationen zu kaufen.

Hinterher jemandem der sich in so eine Sackgasse manövriert hat zu erklären, er hätte das mit etwas mehr Nachdenken vermeiden können, ist müssig. Nicht nur Amateure, auch Professionals stolpern gelegentlich in solche Situationen. Ich habe schon gestandene Tonmeister in ähnlich verzwickten Situationen Blut schwitzen sehen, falls sofort eine Lösung her musste. TA-DJs sollten stets darauf vorbereitet sein, dass unerwartete Probleme auftauchen können – auch in simpelsten Situationen, ganz besonders während des Soundchecks und dabei das Risiko von Murphie’s Law nicht ignorieren. Ich habe vor wenigen Wochen als Tänzer wieder mal erlebt, wie Murphie an einem Wochenende mit drei Veranstaltungen zweimal mitten in Veranstaltungen brutal zugeschlagen hat. Die Macher haben das bravurös gehandhabt. Aber wenn sich darunter nicht zwei audiotechnische Cracks befunden hätte, wäre das nicht so glimpflich abgelaufen.

Auf das jeweilige Setup vor Ort konnte ich in dieser Replik bei meinen Empfehlungen von Audiogeräten logischerweise nicht eingehen, weil das bei jedem TA-DJ und EdO-Aficionado ein anderes ist – mir zwangsläufig unbekannt. Meine Empfehlungen sind daher als in der Praxis bewährte Denkanstösse und Wegweiser gedacht – aber niemals als fixfertige Kaufempfehlungen für jede Situation, welche man ohne Gedanken zum eigenen Setup einfliessen zu lassen realisiert. Zudem versteht sich von selbst, dass im Umgang mit den anspruchsvollen Aufnahmen der EdO jede Form von audiotechnischem Fastfood aus der Prosumer-Ecke scheitern MUSS.


Dazu gesellt sich ein weiterer Aspekt. Wer sich nicht über Jahrzehnte hinweg hauptberuflich mit Audiotechnik beschäftigt hat, hat keinerlei Chance diesen supervielfältigen und hyperdynamischen Markt zu überblicken. Denn beurteilen kann man nur, was man selbst gehört hat, in aller Ruhe und über einen längeren Zeitrahmen hinweg. Audiotechnik an einer Messe oder im Verkaufsraum eines Händlers zu hören, sagt meist nichts über einen Wandler, Verstärker oder Lautsprecher aus.

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In den 30-Jahren waren Fachgeschäfte für Audiogeräte längst etabliert. Hier ein Beispiel aus Japan, in dem auch andere Elektroartikel verkauft wurden.

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Prospekt eines seriösen Audiofachgeschäfts in den 50er-Jahren in Südkalifornien, USA. Dort konnten Musikliebhaber bereits damals Geräte aus der professionellen Sparte kaufen.
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Bereits in den 50er-Jahren wurde das Angebot im Markt so vielfältig, dass es schwer wurde Überblick zu behalten.
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Der Vater von Pugliese hat in den 20er-Jahren in BA einen Musikalienladen im Zentrum des Barrio Villa Crespo geführt, einem Mittelklasseviertel im geografischen Zentrum von BA mit vielen jüdischen Bewohnern. Vater Pugliese hat dort Noten, Instrumente, Schellacks, Grammophone, Radios, Musiktruhen und gegen Ende des Jahrzehnts die ersten elektrisch angetriebenen und abtastenden Plattenspieler verkauft.

Ich habe mich zwar ein Leben lang mit Audiotechnik beschäftigt, weil ich Musik als Konserve angemessen klingend hören will. Aber das war stets mein Freizeitvergnügen. Mein Berufsalltag galt immer völlig anderen Aufgaben. Meine Empfehlungen berücksichtigen daher logischerweise lediglich einen Teil des Angebots an ausgezeichneten Audiogeräten der letzten Jahrzehnte.


Etwas anders liegen die Dinge bei schlecht klingenden Audiogeräten. Die identifiziert jedes halbwegs geschulte Ohr schnell. Solche Erfahrungen darf man ohne Zögern weitergeben. Aber aufgepasst: Mit den Ohren beurteilen kann man immer nur eine ganze Wiedergabekette in einem vorhandenen Raum als Einheit. Überzeugt das Resultat nicht, sind nicht immer einzelne Audiogeräte die Ursache. Manchmal ist der Übeltäter der Raum. Oft ist die Wiedergabekette falsch zusammen gestellt oder suboptimal installiert. Und häufig sorgt die Quelle, also die Konserve selbst für Fehler.

Konserven die man zu Beurteilung von Audiogeräten heran zieht, muss man in- und auswendig kennen. Man muss ihre Stärken und noch viel mehr ihre Schwächen im Schlaf rückwärts herunter beten können und sie seit Jahren verwenden – immer und immer wieder die selben exemplarischen Konserven, die man als TA-DJ natürlich auch für jeden Soundcheck einsetzt. Das sollten mindestens 20, besser 40 Aufnahmen verschiedenster Art aus verschiedensten Genres sein – in erster Linie Aufnahmen mit akustischen Instrumenten, die nicht elektrisch verstärkt sind. Ohne so wenig Sorgfalt ist die Chance eine Kette von Audiogeräten falsch einzuschätzen und daher zwangsläufig falsch einzustellen grösser als 50%.

Insbesondere die Paarung von Verstärker und Lautsprecher ist anspruchsvoll. Gute Lautsprecher klingen an einem ungeeigneten Verstärker unmöglich – und umgekehrt. Das gilt auch für teilaktive Lautsprecher, wie sie im PA-Bereich weit verbreitet sind. Manches gute Lautsprecher-Chassis klingt enttäuschend, weil die eingebaute Endstufe Pfusch ist. Denn meist wird heute besonders im unteren Preissegment bis € 1’200 pro teilaktivem Lautsprecher nicht für eine bestimmte Klangqualität entwickelt, sondern für einen bestimmten Preis, weil auf bestimmte Stückzahlen im Markt spekuliert wird.

Das Ganze ist also wieder einmal eine Frage der Sorgfalt im Detail unter ständiger Berücksichtigung des Grossenganzen. Manche Leute bezahlen mich deshalb dafür, diese Schritte für sie oder gemeinsam mit ihnen zu absolvieren. Es geht mir nicht darum, hier diese Dienstleistung zu propagieren. Oft habe ich für solche Aktivitäten aus beruflichen oder privaten Gründen gar keine Zeit. Diese Dienstleistung ist zudem nie billig, weil es reichlich Zeit beansprucht, auf die konkrete Installation vor Ort und die spezifischen Bedürfnisse seines Benutzers einzugehen. Meist muss ich mir das vor Ort anhören und hinterher Gespräche führen. Denn damit ist immer auch ein Lernprozess des TA-DJs oder EdO-Aficionados verbunden. Und meist ist das der wichtigste Schritt im ganzen Prozess, um den sich am Ende alles dreht und deswegen den ganzen Zeitplan auf den Kopf stellt. Wer dafür kein Geld ausgeben will oder kann, muss statt dessen eigene Zeit investieren und Geduld aufbringen – reichlich. Mit reichlich meine ich jedoch nicht Stunden oder Tage sondern Wochen oder Monate, weil Lernprozesse immer ihre eigene Agenda durchsetzen.


Nonlineare Entwicklung

Durch Leserkontakte initiierte Ergänzung – am 28. Nov. 2016 nachträglich eingefügt

Lesern, die sich fragen, was das alles mit der Tätigkeit eines TA-DJs zu tun hat, denken zu eindimensional. Meine Replik liefert dazu keine erschöpfenden Antworten. Sie ist lediglich eine Initialzündung zwecks Beginns einer spannenden Reise. Hier geht es darum, das Bewusstsein zu schärfen, Chancen aufzuzeigen, Siebenschläfer wachzurütteln.

So ein Kompetenzzuwachs beginnt meist mit dem Verstehen, wie man mit Audiotechnik für Consumer daheim gekonnt umgeht. Weil jeder ersthafte DJ das in seiner stillen Kammer benötigt, ist das ein guter Ausgangspunkt. Jeder zehnte findet zu dieser Materie einen intuitiven Zugang. Und nein – jene die sich jetzt schmunzelnd dazu zählen und davon ausgehen, dass sie dieses Kapitel links liegen lassen können, machen sich meist was vor. Gear heads sind im Zusammenhang mit der Musik der EdO immer auf dem Holzweg, das ist systemimmanent, weil sie von Technik anstatt Musik fasziniert sind und immer in die falsche Ecke schielen.

Wer sich nie mit diesem Thema beschäftigt hat oder zu jung ist, um dessen Entwicklung miterlebt zu haben, wird diese Zusammenhänge heute ohne Expertenhilfe kaum durchschauen, weil in diesen Dingen heute sogar viele Professionals im Nebel stochern. Da helfen nicht mal Fachbücher. Audiotechnologie ist schon seit Jahrzehnten von Neomanie durchtränkt. Stereo wurde Anfang der 30er-Jahre entwickelt, aber bereits 50 Jahre früher gedanklich konzipiert. Danach hat man immer wieder damit experimentiert. Auf den Markt kam Stereo für Consumer aber erst Ende der 50er-Jahre, als der Patentschutz für Blumleins Innovationen von Anfang der 30er-Jahre erlosch.

Diese Industrie lebt leider bereits seit den 50er-Jahren oft davon, dass sie alle paar Jahre Neuheiten auf den Markt wirft, deren Nutzen nüchtern betrachtet häufig fragwürdig ist. Braucht jemand, der vor vier Jahren eine full-HD-Glotze angeschafft hat und vor zwei Jahren eine gewölbte 3d-Glotze haben musste dieses Jahr tatsächlich eine 4k-Glotze und in zwei Jahren eine 16k-Glotze. Vier neue Gotzen in sechs Jahren sind bezüglich Nachhaltigkeit eine Bankrotterklärung, finde ich. Konsum mit Augen- und hoffentlich auch Ohrenmass ist legitim. Es geht nicht darum zurück in Höhlen zu kriechen. Aber ohne Mass ist Konsum wirtschaftlich einzig für Hersteller und Handel lukrativ. Weil viele Menschen – und nein, das ist weder provokativ noch plakativ sondern banale Realität – zu blöd sind, um zu erkennen, ob ein 15, 25 oder 35 Jahre altes Gerät womöglich besser klingt, als der neuste heisse Scheiss mit der Halbwertzeit einer Küchenschabe. Ich kenne einen guten TA-DJ, der seinen betagten Laptop wie seinen Augapfel hütet, weil seine zwei neuen deutlich schlechter klingende DACs eingebaut haben. Er hat noch nicht akzeptiert, dass externe DACs noch besser klingen. Aber die Unterschiede interner DACs hört und berücksichtigt er. Das ist ein erster Schritt. Weitere werden garantiert irgendwann folgen.

Mehrkanal – also alles ausser mono und damit auch stereo – macht die Dinge deutlich komplexer. Mit entsprechend aufgenommenen Konserven kann das – muss es jedoch nicht, das hängt von vielen Parametern ab – ein Gewinn sein. Für Musik der EdO bringt Mehrkanal und damit auch stereo einen ganzen Sack voller Probleme, aber keinerlei Vorteile. Denn die Tonkonserven der EdO wurden mit Ausnahme der 14 Aufnahmen, die Philips im November und Dezember 1958 mit di Sarli gemacht hat, monaural aufgenommen und konserviert. Was danach im TA produziert wurde, ist alles mögliche, aber sicher nicht EdO. Die Aufnahmen der EdO wurden vielleicht mit mehreren Mikros aufgenommen, maximal deren vier, aber stets abgemischt auf einen einzigen Kanal und daher geschnitten in eine einzige Schallplattenrille mit zwei identischen Rillenflanken, monaural eben.

Als Tonträger gab es um 1960 herum für Consumer die Schellack (78rmp, meist 10″ und nur mono),  die Single (45rpm, 7″ und mono wie stereo) und die kleine und die normale LP (33rpm, 10″ und 12″ und beide mono wie stereo). Aber die meisten Musikliebhaber waren damals noch nicht auf dem aktuellen Stand der Technologie. Die war damals nämlich alles andere als günstig in der Anschaffung.

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Typische Musikanlage-Kombination für Mehrbessere in den 30er-, 40er- und 50er-Jahren: oben das Radio – in der Schublade in der Mitte der herausziehbare Plattenspieler und unten Raum für Schallplatten.
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Typisches Beispiel eines herausziehbaren Plattenspielers, meist verbaut in einer Kommode oder einem brotkastenänlichen Gebilde. Hier mit dem ausgezeichneten Magnettonabnehmer TO1000 von Telefunken, der auch unter dem Markennamen Siemens verkauft wurde.
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Angel Vargas 1945 daheim im Morgenmatel: Bei studieren einer Partitur, zu der er mit ziemlicher Sicherheit die entsprechende Schellack auf seinem – heute würde man von High End sprechen – extrem teuren Plattenspieler mit ordentlich dimensioniertem Lautsprecher darunter hört. Seine Katze findet das auch interessant und wird wohl gleich höchstpersönlich ins musikalische Geschehen eingreifen.
Wenige Jahre später bei di Sarli daheim steht ebenfalls etwas vom Besten, was damals an Radio/Plattenspieler-Kombinationen für viel Geld zu haben war. Wir dürfen davon ausgehen, dass die gesamte Crème de la Crème der EdO damals daheim Audiotechnik verwendete, die deutlich besser klang, als die PA an den meisten Milongas heute. Das ist absurd, denn inzwischen 65 Jahre vergangen.

Damit Consumer damals in den Genuss der Vorteile der ab 1957 eingeführten Stereotechnik kamen, musste einiges an Aufwand betrieben werden. Viele Menschen hatten damals daheim bereits ein Röhrenradio und einen Plattenspieler, der am Radiogerät Anschluss fand, welcher oft unter dem Radio stand oder in einer Kommode unter dem Radio eingebaut war. Plattenspieler mit abnehmbaren Deckel waren damals noch nicht Standard. Für Stereo musste ein neues Radio her, mit zwei dezidierten anstatt eingebauten Lautsprechern. Stereo aus einer einzigen Kiste für alles ist immer eine Mogelpackung. Manche Menschen hatten damals daheim einen Plattenspieler, einen Verstärker, vielleicht einen Empfänger für Radio plus immer EINEN Lautsprecher nur. Bandgeräte für Consumer waren damals nicht verbreitet, weil teuer. Einige Hersteller boten Lautsprecher mit Horngehäuse an, konzipiert für die Aufstellung in einer Raumecke: zB das Voigt Domestic Horn seit den späten 30er-Jahren oder die Tannoy GRF seit den frühen 50er-Jahren. Das hatte zwei Vorteile. Einerseits klang das erfreulich gut, weil Raum und Lautsprecher so akustisch gut gepaart wurden. Andererseits wurde die Einrichtung des Raums dadurch nicht völlig auf den Kopf gestellt. Ein grosser Lautsprecher in der Ecke eines Raums, meist mit halbwegs dreieckiger Grundfläche, wurde kaum als unzumutbar dominantes Element im Raum wahrgenommen. Obwohl, klein war Gutes bereits damals nicht:

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Restauriertes Voigt Corner Horn aus den späten 30er-Jahren.
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Das im Voight Corner Horn verbaute relativ kleine Lautsprecherhchassis mit Doppelkonus von Lowther: Modell P2M.
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Schnittzeichnung des Tannoy Corner Horns GRF aus den frühen 50er-Jahren.
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Das in der Tannoy GRF verbaute dual concentric Chassis mit Frequenzweiche: Modell Black.
Wer entscheidet, sich jetzt auf die Such nach solchen Preziosen zu machen, der muss sich auf saftige Preise gefasst machen. Hier wurden für ein Paar Voigths GBP 16’000 gefordert.

Im Begleittext zu dieser Auktion stand: Voigt Domestic Corner Horns with Lowther rebuilt Voight Field Coil drivers. A rare original veneered pair from 1934 and 1936 cabinets. The Voigt Domestic Corner Horn was first introduced in 1934 and was still being manufactured under license by Lowther into the early 1950’s. When partnered with the Voigt mains energised drive unit, the Domestic Corner Horn caused a sensation when it made its debut. The quality of sound and high efficiency eclipsed everything else on the market at that time. The design was constantly being improved by Voigt over its long production. Due to the materials used and labour involved, these cabinets were not cheap to manufacture. They were originally available in unfinished white wood at £17-5s-d or in other veneered and stained finshes on request. A de-luxe walnut veneered version was also available at a higher price. No blue-print was ever available because of the complexity of the cabinet’s design. It is thought that around only 330 Voigt Domestic Corner Horns were ever manufactured.


Um tatsächlich in den Genuss der damals neumodischen Vorteile von stereo zu kommen, reichte es nicht, lediglich neue Geräte zu kaufen. Den ZWEI Lautsprechern mussten anstatt einer Ecke im Raum meist eine ganze Seitenwand geopfert werden, oder zwei Ecken, was aber nicht in jedem Raum gut klang. Denn nur optimal aufgestellt kann stereo seine Qualitäten ausspielen. Dabei dürfen die Lautsprecher weder an der Rückwand stehen, noch in die Ecke gequetscht sein. Als Faustregel galt damals und gilt heute noch: mindestens einen halben Meter Abstand zur Rückwand und einen Meter zur Seitenwand. Ausserdem gehört jeder Lautsprecher der weniger hoch als 130cm ist, auf einen Ständer und muss frei im Raum stehen. Sonst ist das grässlich klingendes Schöner Wohnen. Auch Lautsprecher mit den Dimensionen einer Industriewaschmaschine sind davon nicht ausgenommen. Einzige Ausnahme sind surface-mount-Lösungen, bei denen die Lautsprecher in der Wand versenkt montiert nahtlos mit der Wandoberfläche abschliessen. Das wiederum kann nur gut klingen, falls ein Akustiker sämtliche dafür notwendigen Berechnungen erledigt.

Zudem musste der Hörplatz für Stereo präzis ausgerichtet werden, was das Setup im Wohnzimmer gestern wie heute völlig auf den Kopf stellt. Dieses der Raumakustik geschuldete Diktat scheitert aber oft am Widerstand der besseren Hälfte. Präzis ausgerichtet bedeutet wenigstens auf einen halben Dezimeter genau. Sonst macht es überhaupt keinen Sinn, ein stereophones System aufzustellen. Wer dieses Prinzip klangqualitativ ausreizen will, wird sich allerdings damit anfreunden müssen, dass die Aufstellung der Lautsprecher im Raum auf beinahe auf 1mm genau geschehen muss. Sonst kann gute Technik seine klanglichen Stärken in so einem Setup gar nicht völlig ausspielen.

Weil die Lautsprecher bei mir auf Rollwagen stehen, um beiseite geschoben zu werden, sobald sie nicht im Einsatz sind, musste ich aus Holzleisten eine Aufstellehre bauen, welche es mir erlaubt die richtige Aufstellung jedesmal schnell zu finden, ähnlich einem überdimensionierten, aber misslungenen Geodreieck. Das ist auch nötig, weil ich eine digitale Raumkorrektur einsetzte, welche kleinste Aufstellungsfehler augenblicklich mit Klangfehlern quittiert. Und da ich für EdO-Aufnahmen schon seit Jahren eine andere Position der Lautsprecher verwende, als für moderne Aufnahmen, gibt es zwei Aufstellehren. Dass Differenzen von etwas mehr als 1mm vermieden werden müssen, mag im ersten Moment übertrieben erscheinen, falls man zu kurz denkt. Wenn man sich jedoch daran erinnert, dass das Ohr um den Faktor zehn genauer auflöst als das Auge, wird diese Anforderung verständlich. Konkret: Falls unser Auge einen zehntel Millimeter sicher unterscheiden kann, wird unser Ohr einen hundertstel Millimeter sicher unterscheiden. Diese Fakten sind kein Trollfutter, sondern furzstupide Physik, die jeder Kindergärtner versteht.

Das ist aber noch nicht alles. Dem sogenannten Stereodreieck muss sich die gesamte Einrichtung des Raums unterordnen. Sonst konnte und kann das stereophone Aufnahmeverfahren seine Stärken nicht ausspielen, die versprochene Loslösung vom Monoaufnahmen zu Unrecht unterstellten, kleinen Guckloch in einer grossen Wand nicht bieten. Dazu gleich mehr. Auch heute noch sind 90% aller Stereoanlagen dermassen suboptimal aufgestellt, dass die Vorteile dieses Prinzips gar nicht hörbar sind. Häufig wäre mono clever realisiert in solchen Setups heute noch eine deutlich bessere klingende Lösung. Mein Nachbarin zB, Berufsmusikerin, ist dafür ein gutes Beispiel. Sie hat ihre Anlage so verquer aufgestellt, dass es unmöglich klingen MUSS. Je nach dem, wo sie sich befindet, hört sie nur einen Teil der Instrumente des Orchesters. Denn sie beschallt mit jedem Lautsprecher einen anderen Raum, mit einem Verstärker, der sich nicht auf Mono umschalten lässt. Wie ein Berufsmusiker so was auf die Reihe bekommt und nicht hört was schief läuft, ist mir rätselhaft, hier jedoch nicht Thema.

Die niedliche Idee mit sogenannten Regallautsprechern war von Anfang an Konsumentenbetrug. Bestenfalls kann man das als damals naiven Versuch von Marketeers bezeichnen, der kläglich gescheitert ist. Jedem Händler ist das klar, weil man es sofort hört. Kein Lautsprecher klingt in ein Regal gestellt gut. Darauf aufmerksam machen jedoch nur wenige Händler, weil sonst die Mehrzahl kaufwilliger Kunden vom Kauf Abstand nimmt. Darauf sind Konsumenten millionenfach herein gefallen und tun es heute noch. Für die Industrie war und ist das ein Bombengeschäft, welches in den 70ern mit Gettoblastern und in den 80ern mit Kompaktanlagen nochmals erfolgreich reanimiert wurde – mit Milliardenumsätzen über Jahre hinweg. Sogenannte Regallautsprecher können, falls sie tatsächlich was können, ihre Stärken so wie ihre grossen Brüdern erst entfalten, wenn sie frei im Raum aufgestellt auf einem eigenen, eigens dafür gefertigten Ständer thronen. Sonst wird das bezüglich Akustik mit Lautsprechern jeder Grösse niemals was Gescheites, völlig egal wie teuer die Technik sein mag. 50% der Klangqualität hängt von der Raumakustik und der Aufstellung der Lautsprecher ab. Die restlichen 50% ermöglicht gute Technik. Auch wenn ich mich zum x-ten mal wiederhole: Natürlich nur, falls eine Tonkonserve von angemessener Qualität sind, was nicht selbstverständlich ist, auch heute nicht.


Konsumenten der U-Sparte waren damals vorwiegend junge Menschen. Die hatten nicht genug Geld, um sich teure Stereoanlagen zu kaufen und die in einem Raum korrekt zu installieren. Oft wohnten sie noch bei ihren Eltern im aufgemotzten Kinderzimmer, womöglich zusammen mit Geschwistern. Nicht nur deshalb war ihre Freizeit mobil ausgerichtet, ganz besonders musikalisch. Transportable Plattenspieler, erst monaural und dann stereophon, dominiert diesen Markt damals, manche auch mit Batteriebetrieb und allesamt grässlich klingend. Aber das interessierte niemanden. Deswegen wurde Popmusik bis Ende der 60er-Jahre vorwiegend monaural konzipiert im Studio realisiert und erst in einem zweiten Schritt oft recht lieblos in eine stereophonen Version zusammen geschustert. Das war unter anderem das berüchtigte Ping-Pong-stereo. Die meisten Pop-Konserven dieser Jahre klingen in der monauralen Version deutlich besser, natürlicher. Die Beatles sind dafür ein gutes Beispiel. Mit Ausnahme der letzten zweiddrei Alben, die im Studio tatsächlich stereophon konzipiert und entsprechend aufgenommen wurden.

Stereo ist eine feine Sache. Allerdings ziehe ich heute noch eine gute mono-Konserve einer mittelmässigen stereo-Konserve vor. Gute mono-Konserven bieten zwar keine stereotypische Breitenstaffelung, aber Tiefenstaffelung. Und wenn sie richtig gut gemacht sind, können mono-Konserven sogar einen dreidimensionalen Eindruck vermitteln. Die Tiefenstaffelung, eine deutliche Wahrnehmung der Raumreflektion in dieser Richtungsdimension, welche den Raum erst erfass- und erlebbar macht, ist wichtiger als Breitenstaffelung, falls  man einen Eindruck des Aufnahmeraums wünscht, der in Richtung erlebbare Rekreation geht. Erst Tiefenstaffelung schenkt Hörern die Magie einer nicht authentischen aber faszinierenden Rekreation daheim. Kürzlich hat eine Porteña die Ansicht geäussert, die monaurale Beschallung meiner Hör-Sessions daheim sei trotz lediglich einem Kanal dreidimensional und deshalb frappant. Ich kann sie gut verstehen. Mehr ist nicht machbar mittels Konserven, auch nicht mit stereo. Voraussetzung dafür ist ein Tonmeister, der sein Metier meisterlich beherrscht und sich trendigen Exzessen konsequent entzog. Sonst klappt das nicht.

Kommt nun mit stereo zur Tiefenstaffelung Breitenstaffelung hinzu, ist das natürlich eine Bereicherung, toll. In der Praxis wurde bei vielen stereo-Konserven leider auf exzellente Tiefenstaffelung nicht mehr genügend geachtet, weil man völlig mit Breitenstaffelung dank stereo beschäftigt war, oder exzessive Multimikrophonierung betrieb. Mit Multimikrophonierung geht immer als erstes die unverzichtbare, Tiefenstaffelung und die Ortung der einzelnen Instrumente flöten und damit verliert jede Konserve ihre Faszination der Natürlichkeit, den Gänsehautfaktor schlechthin, den Zeitmaschineneffekt. Dieser primäre Qualitätsfaktor Tiefenstaffelung lässt sich nur optimal realisieren, falls der Aufnahmeraum, egal ob Studio oder live location, eine ausgezeichnete Akustik hat, ganz besonders im Bassbereich. Sonst verzerrt sich die Wahrnehmung und tiefe Tönen wandern vermeintlich in den Hintergrund des Raums, was die Klang- und Wahrnehmungsästhetik jedes Orchesters mit akustischen Instrumenten buchstäblich zerfetzt.

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Interessante Hintergrundinformation zum Thema Mehrkanal. Mehrkanal ist alles, das nicht Mono ist, also auch Stereo.

Den erfolgreichen Wechsel von mono zu stereo hat die Musikindustrie geschafft. Die Übergangszeit für den Wechsel von einem auf zwei Kanäle hat bei Consumern allerdings über zehn Jahre gedauert – in einer Phase ungebremster Hochkonjunktur. Danach ist es der Musikindustrie nie mehr gelungen, einen Änderung der Kanalanzahl bei Consumern zu etablieren und schon gar nicht bei Musikliebhabern. Quadrophonie ist kläglich gescheitert. Und die danach auf den Markt geworfenen Mehrkanaltechnologien konnten sich lediglich bei manchen Filmfreunden durchsetzten, die von Brutaloeffekten fasziniert sind, sich akustisch gerne von hinten von Sattelschleppern überrollen lassen. Die überwältigende Mehrzahl der Musikliebhaber hat diese Innovationen nie akzeptiert, obwohl solche Technologien zumindest theoretisch durchaus Verbesserungen bieten. Die Gründe dafür sind schnell genannt. Der eine ist inhaltlicher Natur, der andere technologischer:

Musikliebhaber haben einen Fokus, der Konserven von 1926 oder noch früher bis heute umfasst, weil die musikinterpretatorische Leistung die Auswahl gekaufter Konserven zu Recht weitgehend definiert und die Auswahl an künstlerisch herausragenden Interpretation aus der analogen Ägide überwältigend ist. Deshalb überwiegt die Anzahl alter Lieblingsaufnahmen mono oder stereo die modernen bei weitem, welche in irgend einer Mehrkanaltechnologie zur Verfügung stehen. Welcher Musikliebhaber treibt den für mehrkanal notwendigen Aufwand, solange bestenfalls 10% seiner Lieblingsaufnahmen davon profitieren. Ob die restlichen 90% der Lieblingsaufnahmen unter der neuen Technologie nicht leiden würden, darf bezweifelt werden. Das würde sich erst nach Neuanschaffung entsprechender Geräte zeigen. Mehrkanal ist also mit jeder Menge Fragezeichen plus Frustpotential verbunden, obwohl das Verfahren richtig angewendet durchaus Potential hätte.

Denn es ist schon teuer und aufwändig, gute Audiotechnik für zwei Kanäle anzuschaffen. Bei fünf oder mehr Kanälen vervielfältigen sich nicht nur die Kosten sondern auch der notwendige Platz für sämtliche Lautsprecher. Hinzu kommt ein kaum mehr überschaubarer Kabelsalat, falls dieser sich nicht in der Wand verstecken lässt. Die meisten Musikliebhaber sind dazu nicht bereit. Zudem misstrauen sie zurecht den verhältnismässig kleinen Lautsprechern für Mehrkanaltechnik, welche ihnen die Audioindustrie anbietet. Häufig ist ausserdem die bessere Hälfte im Haushalt nicht bereit, im Wohnraum neben der Mammutglotze mit Spielkonsolensound auch noch fünf, sieben oder neun Lautsprecher zu akzeptieren. Ganz egal, wie klein die sind. Der Parallelbetrieb einer Zwei- plus einer Mehrkanalanlage im selben Raum funktioniert sowieso nie. Die jeweils nicht betriebene Anlage würde die Akustik des Raums verschlechtern, da sämtliche Chassis im Raum auch ohne Signal mitschwingen, was das Klangbild verschmiert.


Noch geht es nicht ans Eingemachte

Durch Leserkontakte initiierte Ergänzung – am 28. Nov. 2016 nachträglich eingefügt

Wir sind nun an einem Punkt angelangt, an dem man gezwungen ist, vom Hundertsten ins Tausendste zu gehen, falls man den Dinge auf den Grund geht. Sonst weiss man nicht, was zu tun ist. Denn nur so lassen sich hörbare Fehler vermeiden. Ich kann die nun kommende technische Komplexität niemandem ersparen, der verstehen will anstatt nachplappern zu müssen. Tatsächlich zu verstehen was Sache ist, hat mich Jahre gekostet, weil es dazu leider sehr wenig Literatur gibt. Aber keine Sorge, ich biete hier lediglich einen ausschnittweisen, kurzen Abriss zum Thema an.

Schallplatten mono und stereo wurden nach verschiedenen Prinzipien geschnitten. Monaural war das eine reine Seitenschrift. Vom Tonarmlagerpunkt aus betrachtet besitzt die Rille lediglich Auslenkungen auf beide Seiten: links und rechts, aber nicht oben und unten. Das muss die Abtastgeometrie des Tonabnehmers bei die Wiedergabe berücksichtigen: Beweglichkeit lediglich in einer Dimension. Denn mehr Beweglichkeit ist für mono nicht nötig.

Stereophon war das eine kombinierte Seiten- und Tiefenschrift, das 45º/45º-Verfahren. Resultat ist ebenfalls eine Seitenschrift, allerdings eine, bei der jede Rillenflanke einen Kanal konserviert, also unterschiedliche Signale. Die Auslenkungen sind daher für beide Rillenflanken unterschiedlich. Das muss die Abtastgeometrie des Tonabnehmer bei die Wiedergabe berücksichtigen: Es erfordert Beweglichkeit in zwei Dimensionen, neben links und rechts auch oben und unten.

Die praktischen Konsequenzen daraus waren damals weitreichend und sind es heute noch: Tonabnehmer erfordern für beide Verfahren Konstruktionen mit unterschiedlicher Abtastgeometrie: eine versus zwei Bewegungsachsen. Allerdings ist stereo rückwärtskompatibel. Will heissen: mono-Schallplatten lassen sich auch mit stereo-Tonabnehmern abtasten. Umgekehrt klappt das nicht. Deshalb hat der Wechsel von mono zu stereo für Consumer über ein Jahrzehnt gedauert. Daher gab es damals dieselbe Schallplatte in zwei Ausführungen zu kaufen: mono oder stereo. Wer damals eine Schallplatte stereo geschnitten mit einem echten mono-Tonabnehmer abtastete, zerstöre seinen Tonabnehmer – sofort und irreparabel und die Rille der Schallplatte stereo wurde beschädigt, ebenfalls irreparabel. Mit einem stereo-Tonabnehmer konnte man dagegen mono-Schallplatten mono problemlos abtasten. Das klang nicht gleich gut wie mit einem waschechten mono-Tonabnehmer. Aber dabei ging wenigstens nichts sofort kaputt.

Es ist Herausforderung genug, monaurale Aufnahmen mit stereophoner Audiotechnik wiederzugeben. Optimale Resultate wird man damit nie erzielen. Und das hört man. Wenn man mono-Schallplatten mit stereo-Tonabnehmern abtastet, wird das Signal hörbar verschlechtert, weil dieser Tonabnehmer auch Bewegungen in der zweiten Bewegungsachse in Schwingungen und damit in ein elektrisches Signal umsetzt. Solche Schwingungen sind auf mono-Schallplatten aber gar nicht vorhanden. Trotzdem entstehen sie bei der Abtastung mit einem stereo-Tonabnehmer immer, zB auf Grund von Problemen verursacht durch suboptimale Geometrie des Tonabnehmer. Es wird mit stereo-Tonabnehmern also immer etwas hinzugefügt, das nicht Teil der Musik ist. Das gilt auch für stereo-Tonabnehmern, die als mono-Tonabnehmer verkauft werden und davon gibt es einige.

Verstehen kann das jeder, der Grundkenntnisse in Geometrie besitzt. Dafür braucht niemand ein Abitur. Komplizierter wird es hinterher, aber nicht technologisch, sondern weil die Audioindustrie bezüglich Tonabnehmern seit Jahrzehnten Abwege beschreitet. Um das zu verstehen ist lediglich autonomes Denken erforderlich. Die Probleme, welche wir nun betrachten werden, sind der Tatsache geschuldet, dass die Geometrie des Plattenscheidens niemals identisch war mit der Geometrie des Plattenabtastens. Daraus hat sich ein ganzer Sack voller Probleme ergeben, für die uns die Audioindustrie nur in Ausnahmefällen Lösungen bot. In diesem Zusammenhang möchte ich gleich vorweg nehmen: Die Lösung dieser Probleme verursacht Kosten. Aber dafür sind keine Plattenspieler nötig, die zehntausende von Euros kosten, keine Tonarme die Tausende von Euros kosten und keine Tonabnehmer die Tausende von Euros kosten. Dafür sind keine exotischen Werkstoffe wie Karbon nötig und keine luxuriöse Verarbeitung mit Hochglanzverchromung und Edelhölzern. So was ist gear head bling bling. Solche Geräte müssen keine 50 oder 100kg wiegen. Ordentliches Engineering reicht. Für 500 Euro gibt es das noch nicht. Aber mit maximal 2’000 für einen gebrauchten Plattenspieler, einen gebrauchten Tonarm und einen neuen Tonabnehmer ist man dabei. Mit etwas Geduld, Glück und Knowhow reichen manchmal bereits 1’000 Euro. Neu wird es teurer. Das sind Lösungen für Consumer. Wer Restaurationen erstellen will, muss ein Vielfaches davon investieren.

Im Tonstudio wurden und werden Schallplatten-Master ausschliesslich mit Tangentialtonarmen geschnitten, die sich auf Schienen bewegen und deshalb den Schneidewinkel nicht verändern. Dabei kann der Tonarm lediglich so weit abgesenkt werden, dass der Schneidestichel im Plattenmaterial eine Rille schneiden kann und ist auf einem Schlitten beweglich gelagert, damit die Rille sich mit jeder Drehung des Plattentellers ein klein wenig gegen die Plattenmitte bewegt, wobei wie gesagt der Winkel Schneidestichel versus Plattenrille unverändert bleibt. Damit aus der Rille eine Spirale wird, die am Plattenrand beginnt und nahe dem Plattenzentrum endet. Bei einer Schellack reicht das für mehr als drei Minuten Musik. Bei der LP reicht das für mehr als 20 Minuten Musik. Von Consumern werden vorwiegend Radialtonarme verwendet, bei denen der Arm sich um einen Fixpunkt dreht und deswegen verändert sich der Abtastwinkel ständig. Das ist ein völlig anderes Prinzip und das hat hörbare Konsequenzen.

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Ein Plattenspieler aus den 70er-Jahren mit Lenco-Reibrad-Laufwerk und zwei Tonarmen: Der Tonarm hinten links, ein herkömmlicher Radialtonarm Stax UA-90 mit UA-70-Rohr und dem Tonabnehmer Stax CP-X, hat einen Drehpunkt für die ganze Konstruktion, wodurch sich der Winkel zwischen Plattenrille und Tonabnehmer ständig verändert. Der Tonarm rechts, ein unkonventioneller Tangentialtonarm Rabco SL-8E mit motorisch betriebener Schiebebühne, bei dem sich der Winkel zwischen Plattenrille und Tonabnehmer nicht verändert. Dieses Modell ist zwar ein Tangentialtonarm, der konstruktiv auch ein Radialtonarm ist. Die Abtastung bietet jedoch sämtliche Vorteile eines Tangentialtonarms. Ende 70er-, Anfang 80er-Jahre war der Zenit der Laufwerksentwicklung erreicht. Für die Audioindustrie ist das Erreichen so eines Zenits jedesmal ein kaum lösbares Problem. Sie versucht dann, Professionals wie Consumer mit vermeintlicher Innovation über den Tisch zu ziehen.

Beim Schneiden einer Schallplatte mono macht der Scheidestichel eine völlig andere Bewegung als der Tonabnehmer bei der Wiedergabe. Der Drehpunkt des Stichels liegt wie bei einer im Turm hängenden Kirchenglocke mit Klöppel oben. Der Schneidestichel kann wie die Glocke nur in einer Dimension schwingen: vom Tonarmbewegungspunkt aus betrachtet nach links und rechts, also quer zu Schallplattenrille – aber nicht nach vorne und hinten, oder oben und unten. Dabei bewegt sich die Spitze des Schneidestichels auf einer Kreisbahn, die sich in der Schallplattenmatrize befindet. Diese Kreisbahn kann man nur erkennen, wenn man vom Tonarmbewegungspunkt aus die Schallplatte betrachtet.

Beim Abtasten einer Schallplatte mono bewegt sich die Diamantspitze der meisten Tonabnehmer in einer anderen Kreisbahn. Auf die Unterschiede zwischen Tangential- und Radialtonarme gehen wir gar nicht ein. Das wäre ein weiteres, relevantes Thema. Es geht hier erst mal lediglich um Tonabnehmergeometrie. Dessen Kreisbahn kann man nur erkennen, wenn man von oben auf die Oberfläche der Schallplatte schaut. Die beiden Bewegungsachsen sind um 90º gekippt ausgerichtet. Die eine Kreisbahn verläuft vertikal (Schnitt/Aufnahme), die andere horizontal (Abtastung/Wiedergabe) und beide quer zur Plattenrille. Wem das nicht klar ist, liest bitte nicht weiter bevor er es verstanden hat. Dieser grundsätzliche Unterschied der Geometrie führen seit jeher zu Abtastfehlern, die im Zusammenspiel mit anderen Problemen bei der Abtastung von Schellacks zu hörbarer Klangverschlechterung führt.

Ausnahmsweise werde ich die weiteren technischen Zusammenhänge betreffend Unterschiede zwischen Plattenrille schneiden und Plattenrille abtasten nicht so weit andeuten, dass verstehen anstatt nachplappern möglich wird. Ein TA-DJ muss das nicht verstehen. Er sollte aber eine Ahnung von der dahinter steckenden Komplexität haben, damit er begreift, wie viel man beim Transfer von Schellacks falsch machen kann und häufig leider auch falsch gemacht wird. Diesen Dingen hier auf den Grund zu gehen wäre sehr interessant. Es würde den Rahmen dieser Replik jedoch endgültig sprengen, weil es den Umfang der gesamten Replik um mindestens 30% vergrössern und mich dazu zwingen würde, nochmals einen Mannmonat Arbeit in diese Ergänzung meiner Replik zu stecken.

Nur so viel noch: Viel von dem, was die Industrie heute an Tonabnehmern anbietet,  ist nicht nur für die Abtastung von Schellacks ungeeignet, sondern auch für LPs keine besonders gute Lösung. Bezüglich Tonabnehmer dreht sich im sogenannten High-End-Markt meist alles um dreidimensonale Briefmarkensammlungen, bei denen nur gut sein kann, was schweineteuer ist. Dazu zählt auch manche sogenannte Spezialität für mono, die häufig gar keine mono-Konstruktion bezüglich Abtastgeometrie ist, sondern eine stereophone Mogelpackung. Dass dafür Diamanten mit verschiedensten Verrundungen – nicht nur standard versus micro groove – notwendig sind, ist lediglich eines weiteres von vielen erfolgsrelevanten Details und lediglich die Spitze dieses technologischen Eisbergs. Wer selbst Transfers ab Schellack erstellen will, weil er selbst bessere Restaurationen realisieren will, muss in diesen und anderen Dingen totalen Durchblick haben. Dem auf den Grund zu gehen, dauert Jahre. Denn diese vermeintlich banalen Details sind neben dem zentralen Aspekt der Entzerrvorverstärkung match-entscheidend.


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Aber auch mit den oben angesprochenen Aspekten wäre das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Es gäbe eine ganze Menge an Dingen, die sich verbessern liessen und das würde sich lohnen.
Viele technische Details sind komplexer und anspruchsvoller als 90% der DJs sich das vorstellen.

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Wer die Ansicht vertritt, nun wäre es genug der Technik, den muss ich enttäuschen. Ein Beispiel nur: TangoTunes bemüht sich im Rahmen seiner Golden Ear Edition zB darum die technische Entzerrung der Schellacks korrekt zu realisieren. Denn damit steht und fällt die klangliche Qualität jeder Schellackrestauration. Es ist mit viel Aufwand verbunden, nicht nur an manpower. Die allerbesten Geräte dafür, hier sind sie für einmal unabdingbar, werden nicht mal in Kleinstserien hergestellt. Häufig sind das sogar Unikate, weil der Käufer individuelle Anpassungen fordert.

Mit mehr Zeit und Geld wären weitere Verbesserungen möglich, die sich klanglich durchaus hörbar auswirken. So wie eine falsche technische Entzerrung nicht nur den Frequenzgang verbiegt, sondern zusätzlich Zeit-, Phasenfehler verursacht, welche hinterher nicht mehr behoben werden können, trifft das auch auf die restliche Technik von damals teilweise zu. Eine begrenzte Bandbreite damaliger Audiogeräte zB kann ebenfalls Zeit-, Phasenfehler verursacht haben, bereits vor dem Schneiden der Wachsmatrize. Diese Fehler sollten für gute Restaurationen kompensiert werden.

Leider geht der Aufwand dafür vom Hundertsten ins Tausendste. Aber deren Beseitigung würde man sofort hören. Ich schätze den Aufwand dafür auf ein Viertel Mannjahr plus eine fünfstellige Summe in Euro für Technik. Nun täuscht man sich bei solchen Einschätzungen oft heftig. Es wäre möglich, dass diese Aufgabe am Ende ein halbes Mannjahr verschlingt. Und am Anfang solcher Aufgaben stellt sich immer dieselbe Frage: Wer kann und will das finanzieren? Freiwillige vortreten und sich umgehend bei mir melden 😉


Stille Kammer daheim versus Tanzschuppen

Durch Leserkontakte initiierte Ergänzung – am 28. Nov. 2016 nachträglich eingefügt

Viele TA-DJ sind in diesem Punkt weit weg von den Qualitäten der EdO angemessenen klingenden Lösungen. Von den drei in Tanzschuppen vorkommenden Konstellationen ist jene für TA leider die grösste Herausforderung für Raumakustik und Audiotechnik, weil das bezüglich Hörer die einzig dynamische Konstellation ist. Davor kann man die Augen verschliessen oder sich der Herausforderung stellen. Aber von allein wird das Problem niemals verschwinden.


1. Wenn eine Person daheim Tonkonserven hören will, ist das eine verhältnismässig einfache Aufgabe, weil Akustik und Technik lediglich in einem kleinen Bereich des Raumes gute Wiedergabe ermöglichen muss: am Sitzplatz des Hörers. Bereits zwei Hörer die nebeneinander sitzen, müssen sich mit  suboptimaler Akustik abfinden. Sitzen die zwei hintereinander, sind die Einschränkungen etwas kleiner. Einzig mit diesem Setup beschäftigt sich Hifi und Highend. Dem muss die Einrichtung des Raums mit der Anordnung von Lausprechern und Sitzplatz für den Hörer Rechnung tragen. Und die restliche Einrichtung des Raums darf dem nicht nur physisch nicht im Weg stehen.

Bereits das läuft oft schief, weil Händler mit dem Verkauf von Geräten ihr Ziel bereits erreicht haben: Der Kaufpreis ist eingesackt. Ein allfälliger Transport mit  Aufstellung der Geräte beim Käufer durch den Händler hat meist lediglich Alibifunktion. Es geht darum, den Eindruck zu erwecken, man hätte als Händler die ganze Aufgabe erledigt. Hat man aber nicht. Entwickler von Technik die versprechen, dass der sweet spot mit ihrer Technik besonders gross ausfällt, zahlen dafür meist mit verminderter Klangqualität. Dazu zählen auch sämtliche vermeintlich innovativen Kugelstrahler. Forschung hat bereits in den 60er-Jahren gezeigt, dass mit all diesen Lautsprechern von Bose bis MBL die Ortbarkeit leidet. Resultat ist ein Klangbrei. Eine klanglich optimale Plazierung von Lautsprechern und Hörplatz sind fixe Positionen, die man nicht ungestraft vernachlässigt. Könner wissen aus praktischer Erfahrung, wie schnell sie wie viel an Klangqualität verlieren, falls dem nicht Rechnung getragen wird. Das geht rasant.

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Typischer Hörraum eines Händlers mit Werbeträgerteppich, akustisch umfassend optimiert und damit höchstens für Mehrbessere realisierbar. Das grobmotorisch unergonomische Setup mit postmodernem Hausaltar durch symmetrisch angeordneten Technikpark mit Skulptur im Zentrum hinter den Lautsprechern ist gar nicht mein Ding, weil spiessig-protzig. Aber bezüglich Raumakustik ist das dank abgehängter Decke, Bassfallen in den Ecken, grossflächig bedämpften Seitenwänden und Diffusoren an der Wand hinter den Lautsprechern bestimmt eine erfreuliche Lösung. Schön ist was anderes. Aber das ist Ansichtssache. Das Einzige was in einem Hörraum zählt, sollte die Akustik sein. Angesichts der Grösse dieses Raums würde 50cm mehr Raumhöhe die Situation akustisch deutlich verbessern. Um diese Einrichtung zu amortisieren, muss dieser Händler allerdings zweidrei Jahre lang enorme Mengen an masslos überteuerten High-End-Audiogeräten an den Mann bringen.
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Typisches Schöner-Wohnen-Setup ohne Platz für eine Wand voller LPs und CDs. Gegen die Aufstellung der Lautsprecher ist höchstens einzuwenden, dass sie zu nah an der Rückwand stehen. Der Couchtisch mit Glasplatte sorgt garantiert für besonders unangenehm klingende Reflexionen. Gut möglich, dass die drei Lampenschirme penetrant mitschwingend jede Menge akustisches Eigenleben entwickeln. Das Fenster links sorgt ohne akustische Spezialgardine für harten Klang, ganz anders als der offene Raum rechts. Und die kahle Wand hinter den Lautsprechern sorgt für weitere akustische Defizite mit der Tendenz hart und unangenehm. Auf dem Sofa klingt es ausschliesslich auf dem mittleren Platz passabel – falls da nicht die vielen Akustikdefizite wären. Damit es hier gut klingt, müsste man das Setup im Raum völlig auf den Kopf stellen.
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Keine optimale, aber eine im Ansatz gute Lösung, zumal der Raumteil hinter der Kamera für andere Bedürfnisse frei bleibt. Die Lautsprecher stehen zu nah an den Seitenwänden. Die Handvoll LPs deutet nicht auf einen Musikliebhaber. Aber womöglich ist die nicht sichtbare Wand hinter der Kamera gefüllt mit Tonträgern. Der Sessel für Hörer steht viel zu weit entfernt von den Lautsprechern, um eine völliges Eintauchen in das musikalische Geschehen zu gewähren. Der Teppich am Boden ist aus akustischen Gründen wichtig. Die getäferte Seitenwand rechts und Fenster und Tür links sind akustisch ungelöste Probleme, weil zu unterschiedlich.
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Das Regal mit LPs und CDs belegt den echten Musikliebhaber. Die Lautsprecher stehen zu nah an den Seitenwänden. Die Raumhälfte hinter dem Sessel für Hörer steht für andere Bedürfnisse zur Verfügung. Der Sessel ist leicht genug, um ihn beiseite zu stellen, wenn nicht gehört wird, was eine duale Verwendung des Raums vereinfacht. Das lässt über die unergonomische, postmoderne Hausaltaranordnung des Geräteparks hinter den Lautsprechern beinahe hinweg schauen. Da der Raum nicht hoch ist, ist die Decke ein akustisches Problem. An der linken Seitenwand sorgen LPs und CDs für akustische Diffusion. An der rechten Seitenwand soll das der aufgehängt Teppich und die beiden Diffusoren vor dem akustisch problematischen Kamin erledigen. Der Teppich am Boden ist akustisch nötig, aber zu gross. Hier wurden jedoch mit wenig Geld für akustikoptimierende Massnahmen ein gute Ausgangslage geschaffen. Logischer nächster Schritt in diesem Raum wäre ein abgehängte Akustikdecke. Sie würde den Raum nicht schöner machen, aber klanglich besser.

Diese vier Beispiele habe ich innert fünf Minuten aus dem Internet gefischt. ich halte sie für typisch. Die gezeigten Einrichtungsstile sind bedeutungslos. Ich möchte lediglich zeigen, wie einfach anhand eines Fotos eingeschätzt werden kann, wie ein Raum in etwa klingt, falls man es versteht hinzuschauen. Alle vier Räume liessen sich mit wenig Aufwand akustisch deutlich verbessern. Dazu würde es bereits reichen, die Position von Lautsprechern und Hörersessel zu verändern. Ich verliere absichtlich kein Wort zu den gezeigten Audiogeräten. Es geht momentan ausschliesslich um den Raum plus das Setup im Raum. Keines dieser Beispiele stiller Kammern von Musikliebhabern daheim – obwohl das erste Beispiel ein Händlerraum ist – ist konsequent auf Akustik getrimmt und konsequent für diese Bedürfnisse eingerichtet. Was sagt das über unsere visuell vernarrte, stocktaube Gesellschaft?

Im ersten Beispiel war das Auge besonders dominant, obwohl die Akustik gut sein muss. Hier soll in erster Linie repräsentiert und beeindruckt werden. Darunter leidet trotz enormem finanziellem Aufwand von rund € 200’000 für Raumoptimierung und Audiotechnik die Klangqualität. Im zweiten Beispiel kann es unmöglich gut klingen. Hier hatte das Ohr rein gar nichts zu melden. Alles dreht sich um das Aussehen der Einrichtung, muss unterkühlt und minimalistisch wirken. Dass man so was mag hilft nichts, weil so ein Setup akustisch besonders unbefriedigend bleiben muss – immer. Das kann auch allerbeste Audiotechnik nicht auffangen. Im dritten Beispiel stellt sich die Frage, ob dieser Raum tatsächlich einem Musikliebhaber gehört. Bis auf den Teppich, der aus Sicht des Besitzers auch rein dekorative Funktion haben kann, gibt es nichts was in diesem Raum gemacht wurde, um die Akustik zu optimieren. Und da gäbe es einiges zu tun. Handelt so ein Musikliebhaber? Im vierten Beispiel haben wir es garantiert mit einem Musikliebhaber zu tun. Nur hier steht der Sessel für Hörer nahe genug bei den Lautsprechern, um ein völliges Eintauchen in die Musik zu ermöglichen. Wir erinnern uns: 50% der Klangqualität in einem Raum hängt immer von der Akustik ab. Kahle Räume und grosse Fensterflächen sind dafür genauso schlecht, wie Gipsplattenwände, Holztäfer, Stein- oder Fliessenböden ohne teilweise Abdeckung durch einen Teppich.

Die häufig gehörte Ausrede von TA-DJ, so ein Arbeitsplatz wäre für sie unmöglich realisierbar, halte ich oft für eine nicht durchdachte Ausrede. Auch mir steht daheim nicht unbeschränkt Platz zur Verfügung. Und ich lebe nicht in einem Eigenheit, muss mit einer banalen Mietwohnung vorlieb nehmen. Deshalb gibt es bei mir daheim einen Multifunktionsraum, der vier Funktionen abdeckt – je nach Bedarf jeweils lediglich eine. Der Raum hat vier Wände für vier Funktionen und an jeder Wand steht die Einrichtung für eine Funktion ständig bereit. An der ersten Wand steht ein Arbeitsplatz, unverrückbar und jederzeit einsatzbereit. An der zweiten Wand steht ein Gästebett, tagsüber Daybed, welches bei Bedarf in der Mitte des Raums zum Doppelbett für Gäste wird. An der dritten Wand steht ein Klapptisch, der bei Bedarf in der Mitte des Raums zwölf Gästen Platz zum Essen und Feiern bietet. An der vierten Wand stehen die Lautsprecher auf Rollwagen gut geschützt gegen Haustiere und Kinder mit den Chassis gegen die Wand gerichtet an der Wand, damit sie wenn nicht im Einsatz wenig Platz beanspruchen. Zum Hören werden sie innert Sekunden an die kompromisslos optimale Position im Raum verschoben. Und der Sessel für Hörer wird aus dem mit Schiebetüren verbundenen Zimmer nebenan bei Bedarf schnell an seine Position geschoben. Für so etwas eignen sich grosse Altbauwohnungen mit soliden Wänden, hoher Decke und Parkettböden ganz besonders. So eine pragmatische Lösung ist mit etwas Geduld und Zeit also in vielen Wohnungen realisierbar, ganz egal ob jemand auf Louis Toujours oder Omas alten Kram, Ikea oder Bruno Mathsson, Rittersaalbräune oder Le Corbusier, japanischen Minimalismus oder Egon Eiermann steht.


2. In einem Konzertsaal für akustische Instrumente, auf freiem Feld eines Openairs ist die Situation eine ganz andere. Hier stehen sich Sender und Empfänger ebenfalls von Angesicht zu Angesicht gegenüber, obwohl die Distanz beträchtlich sein kann. Aber nicht ein zu eins sondern few to many – sogar wenn wie im Foto den Wenigen für die Übertragung Vieles zur Verfügung stehen.

2a. Openair wird immer eine arge Geschichte bleiben, weil kein Raum da ist, welcher für Reflektion sorgt. Da die Hörer meist dichtgedrängt stehen oder sitzen, gibt es kaum Reflexion über den Boden, egal ob das Erde oder Beton ist.  Egal wie gut so etwas gelöst ist und oft wird dafür enormer technischer Aufwand betrieben, es muss ziemlich unbefriedigend klingen, auch wenn Hall künstlich hinzugefügt wird.

Wenn den Musikern eine Konzertmuschel im Rücken zur Verfügung steht, die für Reflexion hinter den Musikern sorgt, ist die Situation etwas besser, ganz besonders für akustische Instrumente unverstärkt. Vermeintlich aufgefangen wird diese suboptimale Situation meist durch das physische Erleben der Freiluftsituation mit live spielenden Musikern: Das Auge isst ganz heftig mit und verzaubert. Diese Konstellation ist vorwiegend statisch. Weder die Musiker noch die Hörer bewegen sich gross. Und die Hörer stellen meist keine grossen Ansprüche. Im Vordergrund steht das soziale Element der persönlichen Begegnung und die flüchtige Einzigartigkeit eines solchen Events.

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Ein open-air-Setup mit sound wall für elektrisch verstärkte Instrumente.
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Ein open-air-Setup mit Konzertmuschel für unverstärkte akustische Instrumente.

2b. Die Qualität eines Konzertsaals definiert sich über die prozentuale Anzahl der Sitzplätze, die es erlauben das Orchester ausgewogen und umfassend zu hören, ganz egal wo im Raum sich ein Sitzplatz befindet. Ein anderes Kriterium für die Beurteilung eines Konzertsaals gibt es nicht und deswegen gibt es so viele schlechte Räume und Säle. In vielen Räumen und Sälen trifft das auf weniger als 20% der Sitzplätze zu. Eigentlich müssten die restlichen 80% der Plätze in solchen Räumen subventioniert werden, indem die Veranstalter den Hörern etwas zahlen anstatt umgekehrt. Aber dann wären solche Angebote nicht mehr finanzierbar. Also ignoriert man das Dilemma: Augen zu und durch, obwohl man die Ohren nicht wie die Augen zumachen kann, falls man keinen Hörschutz verwendet.

Nun ist es nicht so, dass dieses Problem unlösbar wäre. Das beweisen genug Räume und Säle rund um den Erdball. Seit Jahrzehnten sind Könner unter Akustikern in der Lage, Form und Ausgestaltung eines Raums so zu entwerfen und zu realisieren, dass über 80% der Sitzplätze ein ausgewogenes Hörerlebnis bieten. Falls ein Architekt sich den Anforderungen für die eigentliche Funktion so eines Saals unterwirft, anstatt Wichtsack zu spielen. Ob die neuen Säle in Hamburg und Paris halten werden, was ihre Macher bereits vorab versprechen, muss sich trotz enormem Aufwand erst weisen. Im Fall der Elbphilharmonie wird momentan mittels medialem Sperrfeuer gebrüllt, der Raum sei das Nonplusultra schlechthin, obwohl es nicht an kritischen Stimmen mangelt. Ob dieser Raum akustisch einzulösen vermag, was er optisch verspricht, ist aber noch nicht klar.

Die letzten 20% für die minimal angemessenen 80% oder noch mehr gut klingende Sitzplätze erreicht man meist nur, falls eingeplant wird, dass nach dem Bau auf Grund der Realität kleinere Anpassungen vorgenommen werden, auch bauliche. Denn so etwas Komplexes wie die Raumakustik lässt sich Modellbau im Format 1:10 und dessen akustische Ausmessung plus Raumsimualtion am Computer hin oder her nie bis in letzte Detail im Voraus berechnen. Diese Konstellation ist eine statische. Der Hörer bleibt auf seinem Platz sitzen, bis die musikalische Darbietung vorüber ist.


3. In einem Tanzschuppen, dem falls überhaupt bei Entwicklung und Ausgestaltung meist kaum Sorgfalt bezüglich Akustik gewidmet wurde, ist die Situation komplexer und meist deutlich suboptimal. Da gibt es zum einen die Sitzenden. Die wollen sich unterhalten, ohne brüllen zu müssen. Dann gibt es die Tanzenden. Für die steht das Hören der Musik im Vordergrund, falls sie nicht der buenosairensichen Unsitte frönen, die Hälfte jedes Tango auf der Tanzfläche stehend mit Plattitüden zu vertratschen. Zudem wechseln sich die Menschen in der Rolle als Hörer oder Tänzer ständig ab. Bei manchen Tänzen verändert ein Paar seine Position im Raum nur wenig. Bei anderen, wie zB Walzer oder Tango, bewegt sich ein Paar beim Tanzen ständig im Raum. Bei solchen Tänzen ist die Konstellation eine dynamische und damit die Ausnahme. Leider ist diese Variante bezüglich Raumakustik und Audiotechnik die grösste aller denkbarer Herausforderungen.

Das Dilemma beginnt bereits bei der Lautstärke. Diese muss auf den Sitzplätzen so moderat bleiben, dass Gespräche möglich sind, auch persönliche zwischen zwei Menschen. Wenn auf den Sitzplätzen gebrüllt werden muss, um sich verständlich machen zu können, ist kein persönliches Gespräch mehr möglich und Gespräche machen keinen Spass. Für Tänzer darf nicht nur die Lautstärke bei der Bewegung im Raum nicht zu sehr variieren. Auch der klangliche Eindruck sollte unverändert bleiben. Die häufig anzutreffende Anordnung der Lautsprechern in den Ecken eines Raums schafft nichts als Probleme. Für Sitzende klingt das lauter als für Tanzende, was grundverkehrt ist.

Wenn mit Lautsprechern in den Ecken mono beschallt wird, verschmiert das Klangbild massiv, weil überall im Raum – mit Ausnahme der geometrischen Mitte und dort finden maximal zwischen einem und vier Paare Platz, das gilt aber nur für symmetrische Grundrisse – das Signal vier oder noch mehr mal ankommt: aber zu verschiedenen Zeiten. Das verschmiert das Klangbild und ermüdet das Gehör, weil es diese Fehler pausenlos kompensiert, was eines Tänzers Synapsen zu pausenloser Fliessbandarbeit im kHz-Bereich verdammt. Und das ist richtig anstrengend, macht schnell müde und/oder schlecht gelaunt.

Wenn mit Lautsprechern in den Ecken eine Stereoaufnahme stereo beschallt wird, verschlechtert sich die Situation nochmals. Wieder mit Ausnahme der geometrischen Mitte und dort finden immer noch maximal zwischen einem und vier Paare Platz, das gilt aber nur für symmetrische Grundrisse. Denn mit stereo verschmiert nicht nur das Klangbild. Nun hört man, je nachdem ob ein Paar näher bei Lautsprechern tanzt, welche die Instrumente des einen oder des anderen Kanals wiedergeben, beinahe ständig den einen oder anderen Kanal lauter und damit die Instrumente dieses Kanals lauter. Die instrumentale Balance einer Aufnahme wird so völlig verzerrt, zerfetzt. Falls die Tänzer sich im Raum ständig bewegen, an einer traditionellen Milonga zB auf mehreren Kreisbahnen, verändert sich zudem Form und Mass der Verzerrung der instrumentalen Balance ständig. Und das Gehör verliert über kurz oder lang die Orientierung. Inspiriertem Tanzen ist das nicht förderlich. Auf den Sänger trifft das jedoch meist nicht zu, weil der häufig in beiden Kanälen annähernd gleich prominent aufgenommen wurde.

Noch grösser werden diese Probleme mit mehrkanal in Tanzschuppen. Solche Konzepte taugen für Tanzschuppen nicht. Es ist schrecklich simpel: mehr als ein Kanal, also monaural, funktioniert in keinem Tanzschuppen. Weil sich die Tänzer bei manchen Tänzen ständig im Raum bewegen, was jede Mehrkanalwiedergabe torpediert, auch stereo. Leider haben sich nur wenige Veranstalter über diese banalen aber offensichtlichen Zusammenhänge Gedanken gemacht, obwohl die Konsequenzen daraus simpel sind und finanziell nicht gross ins Gewicht fallen, falls man von Anfang an angemessen vorgeht.

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Zwei Beispiele für die weit verbreitete, aber denkbar schlechteste Lösung in Tanzschuppen: Lautsprecher in sämtlichen Ecken eines Raum oder im Raum rundherum verteilt an den Wänden.

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Die bereits vorgestellte, von mir propagierte Lösung mit einer mono-Soundampel in der Mitte des Raums unter der Decke, hier von unten betrachtet, ist in jedem Tanzschuppen die beste Lösung. Sie kann aber nur in Räumen mit mindestens drei, besser vier Metern Raumhöhe realisiert werden.
Lautsprecherampel aus dem Katalog von Konski und Krüger von 1938. Diese high-tech-Firma hat auch die kriegswichtige Chiffriermaschine Enigma gebaut, damals der Inbegriff von Hightech in Sachen Elektromechanik schlechthin.

Eine Mono-Soundampel im Zentrum des Raums unter der Decke angeordnet ist nie der Weisheit letzter Schuss und natürlich keine Lösung ohne Makel. Denn diese Lösung ist niemals eine Punktquelle, kein Rundumstrahler und daher keine optimale Lösung. Warum dem so ist, hat die Wissenschaft bereits in den 60er-Jahren abschliessend geklärt. Trotzdem kommen seit Jahrzehnten immer wieder solche Lautsprecher auf den Markt. Es wird von Innovation gefaselt und in die Kerbe Punktquelle und Rundstrahler geschlagen, zB von Bose oder MBL.

Trotzdem ist die Anordnung einer Mono-Soundampel in den meisten Tanzschuppen – das wird immer eine unübliche Anwendung sein, für die Hersteller keine optimale Lösungen bereithalten – nicht nur für Konserven der EdO und nicht nur für monaurale Konserven der beste Kompromiss, der sich mit moderaten Kosten realisieren lässt. Besser geht immer. Aber solche Lösungen wären mit deutlich höheren Kosten verbunden, Beträge welche die meisten Tanzschuppen nicht finanzieren könnten. Deshalb gehe ich auf solche Konzepte hier nicht ein. Gefragt sind im TA meist pragmatische Lösungen mit besonders attraktivem Preis/Leistungs-Verhältnis. Dann erfordern Tanzschuppen immer ungewöhnliche Lösungen jenseits von 08/15. Und in Räumen in denen TA getanzt wird, herrschen nochmals speziellere Anforderungen, weil die Situation der Tänzer im Raum nicht ortsgebunden sondern dauerdynamisch ist. Dann ist noch mehr Sorgfalt bei Konzeption und Installation von PA gefragt, als für die Mehrheit anderer Tänze.

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Die richtige chronologische Reihenfolge der Threads dieser Replik vom März 2016:  

01 – Vorbemerkungen | 02 – Das Grosseganze | 03 – Sackgasse Equalizer | 04 – Sackgasse Kompressor | 05 – Pragmatische Lösungen | 06 – Meine Legitimation | 07 – Kritische Würdigung | 08 – Schlussfolgerungen | 09 – Nachtrag: Pugliese | 10 – Nachtrag: Links | 11 – Nachtrag: Kritik


Replik weiterlesen? | 06 – Meine Legitimation | online ab 22. Juli